Noel Alexander: Wenn der Herr seinen westfälischen Dickkopf durchsetzt...

Begonnen von mia_u, 28. Januar 2010, 02:16:29

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mia_u

Ich wollte euch dann auch ENDLICH mal berichten, wie die Geburt unseres TerrorKrümels Noel von sich gegangen ist.

Wir hatten bereits um die 30 SSW rum die Mitteilung bekommen, dass der Kleine aufgrund seiner extrem guten Entwicklung sehr wahrscheinlich gute 4 Wochen früher auf die Welt kommen würde. NAchdem der erste Schreck über diese Information verdaut war und wir uns etwas beruhigt hatten, fingen wir an, uns auf diesen neuen Termin einzustellen und zu hibbeln.
Je näher Anfang September rückte, desto nervöser wurde ich, aber wider Erwarten kam Anfang, Mitte und schließlich Ende September ohne Babygeschrei im Haus.

Ich hatte die Endphase der Schwangerschaft mit starken Schmerzen in der Hüfte zu kämpfen, die mich nachts wach werden und teilweise sogar nach Luft schnappen ließen.

Bei einem Vorsorgetermin Mitte September sagte meine FÄ, dass der MuMu schon gute 2cm offen sei, alles schön weich, also könnte es jederzeit losgehen.
Die Schmerzen in der Hüfte kämen daher, dass Noel mit dem Kopf auf meinem Beckenknochen liegt und somit gar nicht in den Geburtskanal gerutscht sei, dies auch gar nicht KÖNNE.
Sie teilte mir mit, dass in dem Moment, in dem er den Kopf drehen würde, ich mit Wehen oder einem Blasensprung rechnen müsse, aber auf JEDEN Fall einen Liegendtransport bräuchte.

Ich wurde natürlich ordentlich nervös und stellte mich auf eine baldige Geburt ein. Jedes Ziehen und Ziepen deutete ich sofort als Zeichen und war regelrecht enttäuscht, dass es dann doch noch nicht los ging.

Ende September hatte sich der Befund nicht mal andeutungsweise geändert und meine FÄ wollte mich alle 2 Tage sehen. Zusätzlich sollte ich mich auch im KH vorstellen und unter deren Obhut mitbehandelt werden.
Langsam wurde von Einleitung die Rede, aber man wolle noch warten. Es waren nur minimale Wehen auf dem CTG zu sehen, aber nichtmal zu spüren.

ET-1 bin ich noch brav zur Akupunktur ins KH gepilgert, wo die Hebi meinte, ich solle am folgenden Tag direkt zur Einleitung in den Kreißsaal kommen, in unserem Dorf würde man keine Woche nach ET mehr warten.

Etwas irritiert bin ich am ET zu meiner FÄ, die mir tunlichst davon abriet und nur meinte, ich solle lieber eine Woche abwarten, vlt würde er sich dann selber auf den Weg machen, immerhin wäre der Befund ja ideal für eine Spontangeburt und auch wenn Noel immer noch nicht im Becken liegen würde hätte er ja immerhin eine Woche Gnadenfrist.
Ich solle aber sicherheitshalber doch nochmal im KH nachfragen, diesmal aber ausdrücklich einen Mediziner fragen.
Die diensthabende FÄ meinte zu mir, ich solle lieber die Finger davon lassen, mein Kreislauf wäre nicht optimal darauf vorbereitet und das wäre schon eine enorme Belastung.

ET+2 war ich zum CTG im KH, Wehen waren kaum zu sehen, der MuMu war immer noch 2cm offen und fingerdurchlässig, Noel lag brav in SL, aber eben auf dem Beckenknochen auf und wurde auf relativ groß und schwer geschätzt.
Die diensthabende Hebi (meine Nachsorgehebamme) meinte, ich solle ruhig bleiben und Kräfte tanken, solange ich könne.

HAHAHA, sehr witzig! Ich und ruhig bleiben?! Wissen die überhaupt, wovon die da reden?
Ich war schon seit dem ET ein solches Nervenbündel, dass ich meiner Umwelt auf die Nerven ging und schlussendlich sogar einen handfesten Streit mit meinem Männe vom Zaun brach, weil ich heulend im Bad saß und nicht rauskommen wollte,was darin ausartete, dass er die Wohnung verließ..
Glücklicherweise hatte er aber schnell ein Einsehen mit mir und hat sich dann erst abends per SMS bei mir gemeldet und war dann am nächsten Tag wieder da.

ET+3 hatte ich wieder einen Termin bei meiner FÄ, keine Änderung des Befundes, abe Mini-Wehen auf dem CTG. Die FÄ meinte, ich könne ja mal alternative Mittel zur Wehenförderung probieren.
NAch gefühlten 100l Einleitungstee, 10kg Zimt, 200 Mal Treppen laufen, in annähernd kochend heißem Wasser baden, 1 Glas Rotwein, dem Putzen sämtlicher Fenster im ganzen Haus (gefühlte 100 Stück) und totalem Frust habe ich dann aufgegeben.
Mein Dreibein habe ich übrigens nicht mehr gebeten, mir bei einer speziellen Geburtseinleitungsmethode zu "helfen", der hätte mir nur einen Vogel gezeigt.

ET+5 meinte die FÄ, ich solle doch bitte für ET+7 einen Termin zur Einleitung vereinbaren, weil auch keine Wehentätigkeit mehr zu sehen war.

mia_u

ET+6 rief ich im KH an, die meinten, ich solle noch am selben Tag kommen, weil am Folgetag 2 geplante KS anstanden und die Aufnahme zu stressig werden würde. Also bin ich da nachmittags brav hingefahren und habe nach 30 Minuten CTG eine Kapsel mit dem Einleitungsmittel sowie ein Medikament per Tropf bekommen.

ET+7 wurde ich um 6:30 geweckt, musste um 7 Uhr im Kreißsaal sein, es gab 30 Minuten CTG, dann ein Glas mit dem aufgelösten Medikament und weitere 2 Std CTG. Danach sollte ich zurück ins Zimmer, frühstücken und um 11 wieder zum Kreißsaal.
Dort bekam ich erneut ein Glas mit dem aufgelösten Medikament (diesmal aber doppelt soviele Schwebeteilchen in dem Glas wie beim letzten Mal) und wieder 2 Std CTG. Dann ab aufs Zimmer, Mittag essen und um 16 Uhr zum CTG zurück.
Beim 3. Besuch im Kreißsaal traf ich dort "meine" Hebi an, die das CTG anschloss. Aber schon nach 10 Minuten wurde sie blass und meinte zu mir, sie würde mir das Mittel so nicht geben können. Anscheinend waren Noels Herztöne rapide abgesackt, jedenfalls schloss sie mir einen Tropf an und rief eine Ärztin hinzu.
Zu dem Zeitpunkt war meine Mama bereits da (ich hatte sie angerufen, als ich von den Herztönen hörte und zum Glück wohnen wir sehr nah am KH) und hielt meine Hand. Ich hatte schon ordentlich Schiss um den Kleinen.
Die Ärztin blieb gute 45 Minuten bei mir, schaute aufs CTG und meinte nur, wenn sich das nicht gibt, gäbe es einen Not-KS.
Ich weiß nicht genau wie, aber ich habe mir das Heulen verkniffen, nur die Hand meiner Mama gehalten. Zum Glück beruhigten sich die Herztöne aber wieder, so dass ich zurück ins Zimmer konnte.
Auf dem abendlichen CTG war davon auch nichts mehr zu sehen.

ET+8 hatten leichte Blutungen eingesetzt, aber es waren keine Wehen zu spüren, waren nur auf dem CTG zu sehen. Ich bekam um 7 wieder ein CTG geschrieben und danach eine halbe Tablette.
Sie erlärte mir, dass das Mittel kontinuierlich gesteigert werden sollte, also hätte ich am Donnerstag eine Kapsel mit 5mg bekommen, Freitag morgen eine Viertel Tablette mit 25mg, genauso wie Freitag abend...
In dem Moment wurde ich hellhörig: Auf dem Grund des Glases hatte eine kaum aufgelöste Vierteltablette geschwommen, aber ZUSÄTZLICH gab es noch diverse Schwebeteilchen in dem Wasserglas. Das MUSSTE eine halbe Tablette gewesen sein.
Meine Hebi bestätigte, dass THEORETISCH (ohne, dass sie da in irgendeine Richtung weisen wollen würde) eine Überdosierung des Mittels genau diesen Effekt haben könne. In dem Tropf, den ich am Vortag bekommen habe war übrigens lediglich Flüssigkeit gewesen.
Spricht für sich, oder? Letztlich hatte meine Hebi also eigtl nur die Konzentration dieses Medikaments in meinem Blut gesenkt, was mir schon geholfen hatte.
Bis 11 wurde CTG geschrieben, ich sollte um 13 Uhr wieder kommen.
Um 13 Uhr war meine Hebi wieder da, gab mir nach 30 Minuten CTG wieder eine halbe Tablette und schaute weitere 2 Std lang nach mir, während das CTG geschrieben wurde. Wehentätigkeit war zu sehen, aber nicht zu spüren.
Ich sollte um 19:30 wieder kommen.
Allerdings hielt ich es um 18:30 schon nicht mehr aus. Ich hatte Schmerzen und ging deshalb früher zum Kreißsaal.
Auf dem CTG waren deutliche Wehen zu sehen und meine Hebi meinte, es könnte heute losgehen. Sie ließ mir Badewasser ein und half mir in die Wanne. Derweil hatte meine Mama bereits meine Schwester und meinen Papa abgeholt.
Da die Wehen nicht aufhörten, sondern nur etwas schwächer wurden, sagte mir meine Hebi, es würde diese Nacht ploppen, ich solle mich aber auf eine lange Nacht einstellen.
Meine Schwester informierte daraufhin mein Dreibein, damit dieser (wie besprochen) dabei sein könnte. Nachdem er sich dann schlussendlich davon überzeugen ließ, dass es sich um KEINEN Scherz handeln würde, versprach er, zu kommen.

Bis dahin kamen die Wehen im 2 Minuten Abstand, dauerten etwa 30 Sekunden und waren echt fies. Ich war fleißig am schnaufen, lief während der Wehen unruhig hin und her und litt wie ein Hund. MuMu war weiterhin nur 3cm offen.

Um 21 Uhr konnte ich nicht mehr und bat um eine PDA. Während ich auf die Narkoseärztin wartete, fragte ich mich, wo mein Dreibein hin war. Ich erfuhr, dass er vor dem KH gestanden hatte, dann aber Panik bekommen hatte und wieder gefahren war. Das Handy war aber leider aus.

Die PDA wurde gelegt, allerdings musste 3 Mal gestochen werden, damit der Katheter richtig saß und das Schmerzmittel gespritzt werden konnte. Nach knappen 15 Minuten wirkte die dann auch und auf Anraten der Hebi (übrigens die Gleiche, die mich aufgenommen hatte)habe ich mich etwas dösen gelegt.

Gg 23:30 wurde ich wieder geweckt.
Noels Herztöne sind dramatisch runter gegangen, der MuMu war nur 4cm offen nach 6 Std Wehen, um mich standen 2 Ärzte, die Hebi und meine Eltern und teilten mir mit, dass ich sofort in den OP kommen würde, ein Not KS gemacht werden würde um damit dem Kleinen zu helfen.
Ich nickte nur apathisch und nahm das so hin. Meine Schwester erzählte mir noch, dass mein Männe OK sei und das Handy wieder an habe, was ich aber nur am Rande registrierte.
Ich weiß aber noch, dass meine Eltern trotz allem gelacht haben, dass Noel ein Sonntagskind wird, genau wie seine Mama, sein Papa und seine Tante.

Die Hebi legte mir einen Katheter, rasierte mich und half mir beim Anziehen der Thrombosestrümpfe und des OP Hemds, dann schob sie mich in den OP Saal.

mia_u

Im Keller angekommen musste ich mich trotz PDA aus meinem KH Bett auf ein OP Bett legen. Dann wurde mir eine kleine Flasche Kalziumtalcit gegeben, die ich trinken sollte, damit die Magensäure während der OP nicht in die Speiseröhre lief.
Dann wurde ich in den Saal geschoben, wo bereits mehrere Ärzte warteten.
Darauf hin wurde der Tisch fixiert und etwas nach links gekippt.

Mir wurde ein neuer Zugang gelegt, dann wurden Arme und Beine auf dem OP Tisch fixiert und die PDA mit gefühlten 100ml hochgespritzt (die Ärzte liefen mit mehreren Spritzen zu mir hin). Als die Ärztin die erste Spritze aufzog und in Richtung meines Halses hielt, bekam ich einen totalen Schock, dachte tatsächlich, die würden mir das jetzt in die Halsschlagader jagen, aber dann realisierte ich erst, dass auf meiner Schulter der Katheterausgang der PDA lag.

Mein OP Hemd wurde zum Sichtschutz umfunktioniert und mir wurden warme Moorunterlagen unter die Unterarme gelegt.

Die Narkoseärztin prüfte dann, ob die PDA auch wirkte, indem sie mir ein Spray auf den Bauch sprühte und ich ihr mitteilte, wann das an welcher Stelle wärmer wurde.

UND DANN GING ES LOS

Von dem Schnitt selber merkte ich nichts. Erst, als die Muskeln durchtrennt wurden, spürte ich wieder Schmerzen. Das sagte ich auch gleich der Ärztin, die meinte aber nur, das wäre normal, da müsse ich halt durch.
Irgendwann merkte ich nur, dass mir etwas Warmes die Beine runter lief und dachte mir schon, dass das wahrscheinlich das Fruchtwasser sein würde.

Ich hörte den ersten kurzen Protest meines Sohnes, dann lief die Hebi mit ihm raus und ich wurde durch den Schmerz darauf aufmerksam gemacht, dass noch eine Ausschabung mitgemacht wird.
Während ich genäht wurde (was wieder komplett schmerzfrei war), hielt mir die Hebi plötzlich meinen komplett sauberen und stillen Sohn entgegen, der mich etwas doof anglotzte.

Aber nur für einige Sekunden, dann brachte sie ihn hoch zu meinen Eltern in den Kreißsaal.

Während dessen wurde mir so kalt, dass die Ärzte meinen Oberkörper mit 2 Decken zudeckten. Trotzdem war ich total am Zittern.

Nach dem Nähen wurde ich zurück in den Vorbereitungssaal gefahren, wo ich mittels eines Transportbands in mein normales Bett zurück befördert wurde. Leider wurde mir total schlecht und ich habe mich ein wenig übergeben müssen. Die Ärzte waren aber sehr verständnisvoll und hielten meinen Kopf.

Auf dem Weg zum Kreißsaal zurück wurde ich unter 3 Decken gepackt, trotzdem war das ganze Bett am Wackeln.

Im Kreißsaal selber angekommen war ich schon ziemlich duselig, ich merkte nur noch, dass ich Noel für einige Momente an die Brust gelegt bekam, dass meine Mama mir ein Glas Wasser gab (welches leider nicht im Magen blieb) und dann war ich weg.

Den gemachten Fotos entnehme ich, dass noch gute 2 Std lang geschmust und gewickelt wurde, dass die ganze Zeit über EKG und Blutdruck gemessen wurden und dass ich tief und fest gepennt habe.


Am Montag bekam ich Noel dann live das erste Mal mit und bekam auch die Informationen der Hebamme und der FÄ mitgeteilt, wieso es doch ein Not KS geworden ist:

Auf dem CTG haben sich die Herztöne rapide verschlechtert, zusätzlich dazu wohl auch mein Blutdruck und da der MuMu innerhalb von knappen 6 Std nur 1cm aufgegangen ist, lag ein Geburtsstillstand vor.
Im OP selber hat man dann grünes FW entdeckt, also war es wirklich höchste Eisenbahn für uns.

Aber lange Rede kurzer Sinn:

Noel Alexander
geboren bei 41+2

4130g
53cm
37cm KU

Topfit, inzwischen wieder mit mir zuhause


PS:Der Papa war zwischendurch natürlich auch im KH gewesen und hat sich mit der Miene eines geprügelten Hundes entschuldigt, dass er im letzten Moment gekniffen hat
Aber das ist ne anere Geschichte