wie baue ich Defizite ab?

Begonnen von Klabautermann, 29. Mai 2023, 02:51:48

« vorheriges - nächstes »

Klabautermann

Hallo zusammen,

ich möchte nicht allzu weit ausholen, da die Geschichte unseres Kleinen (er ist mittlerweile 4 Jahre alt) schon recht erlebnisreich war. Außerdem möchte ich eine Konfrontation Mann <-> Frau vermeiden, die sich hier, wie ich lesen konnte, immer mal wieder entwickelt. Es geht auch nicht um Unterhalt oder sonstige Fragen des Geldes. Es soll nur um den Kleinen, nennen wir ihn mal Peter, gehen.

Peter hat folgende Probleme:

- er mag kaum etwas Neues essen. Gemüse ist ihm weitgehend unbekannt. Er isst nur die rohe Paprika, die der Papa (ich) einmal zum Testen mitgebracht hat, sowie kleine Tomaten. Seit die Mama festgestellt hat, dass Peter Paprika mag, bekommt Peter zusätzlich zum Obst auch noch dieses Gemüse: rohe Paprika.

- Peter trinkt nachts Hafermilch und wacht fast jede Nacht dafür mindestens 1 Mal auf. Die Versuche des Papas, das zu einfachem Wasser zu ändern, sind bisher gescheitert, weil die Mama das leider wieder egalisiert.

- Peter geht schlecht, er hat merklich einen Geh- oder Lauffehler. Er ist auch schwach beim Klettern im Vergleich zu seinen Freunden in der Kita und wenn man ihn auf dem öffentlichen Spielplatz beobachtet. Er hat sich schon ein wenig mit der Rolle abgefunden, manches nicht so gut zu können wie Gleichaltrige.

- Peter kennt keine regelmäßigen Mahlzeiten und Bettgehzeiten und wenn Peter Morgens wach wird, ruft er nach Mama oder Papa und verlangt Hafermilch. Peter steht von 365 Tagen maximal 2 Tage alleine und ohne dieses Gezeter auf.

- Peter muss sich nicht alleine anziehen oder ausziehen, und wenn Peter zuhause groß macht zieht man ihm eine Windel an, obwohl er schon vor einem Jahr auf dem Thron saß.

- Wenn Peter Morgens Pipi macht in die Windel, und wenn es nicht so viel war, wird die Windel weg gelegt für das nächste Mal ...

- Peter putzt sich nicht alleine die Zähne, Papa oder Mama machen das selber. Mama macht es meistens mit Ablenkung (TV oder ein Buch), Papa versucht es ohne diese Hilfsmittel, was sehr schwierig ist. Papa macht die beiden Morgens immer wieder darauf aufmerksam, dass man auch am Morgen putzen muss. Während Peter am Küchentisch steht, Video schaut und ein weißes Brötchen mit Butter isst (s. weiter unten).

- Peter war schon 2 Jahre nicht mehr beim Friseur. Er wollte einmal nicht, dann hat die Mama dauerhaft verzichtet und schneidet selber. Wenn Papa den Pottschnitt sieht fragt er, warum man nicht beim Friseur war.

- Seit Mama nun 5 Monate einen Job hat, der einen Start ab etwa 9 Uhr erlaubt, kommt Peter auch erst um 9 zur Kita. Peter verpasst damit das wichtige Ritual des gemeinsamen Frühstückens sowie viele andere Sachen. Versuche von Papa, Peter endlich mal wieder um spätestens 8 zu bringen, scheiterten daran, dass Mama ihm (dem Peter) etwas Leckeres hinstellt, oder ihm ein Handy mit der Lieblingssendung vor die Nase stellt. Von dem Moment an muss Papa gegen eine Mauer reden. Papa geht dann oft entrüstet zu seiner Arbeit.

- Papa liest dem Peter abends meistens etwas vor. Wir waren vor etwa einem Jahr soweit, dass der Kleine um etwa halb 9 bis 9 eingeschlafen ist. Dann hat die Mama gemerkt dass sie dabei irgendwie ausgeschlossen war und hat zunehmend gestört. Entweder mit Krach in der Küche, oder ständigem Hereinkommen, 1000 Mal gute Nacht sagen, Küsschen hier, Küsschen dort. Mittlerweile schläft der Peter meist erst um 10 bis halb 11. Morgens steht die Mama meistens auch erst mit Peter auf. Peter hat dann natürlich keine Lust auf Kita. Ganz manchmal bekommt der Papa ihn noch mit. Dann gibts Lob in der Kita: "Schön dass Du da bist". Es gab auch schon Gehänsel "Peter kommt immer zu spät" von einem etwas größeren Mädchen.

- aktuell ist es so, dass der Papa fast nix mehr zu melden hat, wenn die Mama in der Nähe ist. Peter ist so verhätschelt, dass er keine einzige Aufgabe selber machen möchte. Nicht einmal das Abziehen der Klospülung, wenn er (im Stehen, von Mama so beigebracht) gepinkelt hat. Während er pinkelt sagt er dann schon "ich brauche keine Hände waschen".

Das war nun nur ein kleiner Ausschnitt der Dinge, die ich als Defizit bezeichnen würde. Ich kenne andere Kinder und ich kann eigentlich sehr gut mit Kindern umgehen; Aber hier bin ich an meinen Grenzen. Leider versagten bisher alle Versuche, vom Jugendamt eine vernünftige Hilfe zu bekommen.

Ok, ich gebe zu, ich konnte den Seitenhieb zur Mama nicht vermeiden. Aber wie soll man das sonst erklären? Fehlerfrei bin ich selbst sicher nicht, aber ich habe absolut keine Chance, gegen solche Fehler in der Erziehung sowie Betreuung eines Kleinkindes einzuwirken. Meine Fehler sind, dass ich den Kleinen dann auch mit in die Pflicht nehme und ungehalten reagiere, wenn ich nicht in der coolen Phase bin. Das ist für ihn dann natürlich wie ein Stich ins Herz. Und für mich ist das insgesamt ein Stich ins Herz, denn er tut mir sehr leid.

Mein letzter Versuch, bevor ich die beiden verlasse, ist eine Erziehungsberatung. Und die ist leider überhaupt nicht leicht zu bekommen.

Und genau deshalb wollte ich mich hier einmal umhören, wie das bei euch so ist.

lotte81

#1
Ich Fang Mal unten an . Zunächst versteh ich nicht, wie du bei all den Vorwürfen darüber nachdenkst , dein Kind dann auch noch bei der Mutter allein zu lassen. Da gibt es ja durchaus Alternativen, und dass du das Kind mit nimmst o.ä.
Dann frag ich mich, ob du und deine Frau über die ganzen Punkte vernünftig sprecht bzw gesprochen habt bisher. Da scheinen ja Punkte meilenweit auseinander zu liegen in der Idee von Erziehung.
Erziehungsberatung/ Paarberatung könnten eine gute Möglichkeit sein. Bei uns sind da die Wartezeiten auch nicht so ewig. bieten zb Caritas und Diakonie an und im der Regel hat man eine erstberstung nach 4-6 Woche. Klar, ist nun auch nicht direkt, aber besser als gar nix machen.
Auch nach einer Trennung müsst ihr ja miteinander parat kommen, was das Kind betrifft und Beratung ist notwendig. Hier gibt es auch Kita Sozialarbeit, das geht noch schneller.
Auch mit den Erzieherinnen könntest du Mal sprechen, wie die ihn einschätzen.

Bei gravierenden medizinischen Problemen, wie bei einer Fehlstellung sollte man schnell aktiv werden.du kannst ja auch ohne Mutter zum Arzt. Ich würde morgen noch einen Termin bei Kinderarzt ausmachen und dann auch beim Orthopäden. Beim Kinderarzt kannst du auch andere Probleme ansprechen und nach Beratung in eurer Nähe fragen .
Auch zum
03/2006 ♂️
03/2008 ♀️
10/2018 ♀️

lotte81

#2
Friseur kannst du mir dem Kind. Du wirst ja auch nicht 24/7 arbeiten. Wenn es dich also stört , gibt es keine Notwendigkeit auf die Mutter zu warten.

Zähne sollten die Eltern in dem Alter übrigens tatsächlich noch (nach) putzen. Wobei er natürlich auch selbst vorputzen sollte, um es zu lernen. Mit 4 könntest du ihm das vielleicht sogar erklären. Vielleicht auch mal auf die Konsequenz von eingehen von nicht geputzten Zähnen. Und ggf Mal zum Zahnarzt.
Ebenso die Notwendigkeit von Händewaschen kann ein 4 jähriger verstehen.

Bei uns ist es kein Thema um 9 Uhr zur Kita zu kommen. Allerdings gibt es auch kein gemeinsames Frühstück. Das finde ich eigentlich auch nicht so wild, wenn die Mutter die Fahrt in die Kita so mit ihrer Arbeitsfahrt verbinden kann. Dass TV und Süßkram morgens aber keine gute Ideen sind , ist ja logisch.
 
Ansonsten klingt es teils schon danach dass das Kind in Teilen "verwahrlost" , teils verzogen wurde. Vielleicht ist die Mutter auch überfordert oder kann aus irgendwelchen  Gründen es aktuell nicht? Kannst du teils Sachen übernehmen?, wie morgens das Umziehen/ in die kita bringen. Du scheinst ja morgens da zu sein, wenn er wach ist. Dann kannst du auch dafür sorgen dass er vernünftig frühstückt daheim, kein TV schaut, die Windel in den Müll kommt und er sich wäscht und lernt die Zähne zu putzen. Ggf verbunden mit 30 min früher aufsteht.

Unabhängig davon ,dass ich vieles nicht für gut heiße, ist es natürlich auch schwierig, wenn die Mutter die hauptverantwortliche ist und du aber erwartest dass sie Dinge nach deinem Gusto macht. Zumindest an der Stelle, wo es nicht in Vernachlässigung mündet.
Aber wenn die Mutter lange Haare super findet und fu blöd, ist es ja nicht an ihr zum Friseur zu gehen. Sie stört es ja nicht. (Und das Kind ja auch nicht) ...dann musst du aktiv werden.

03/2006 ♂️
03/2008 ♀️
10/2018 ♀️

Klabautermann

#3
Hallo Lotte,

danke für Deine umfangreiche Antwort. Ja es ist so, dass ich vieles übernehmen kann. das würde ich auch sehr gerne tun, aber sie lässt es nicht wirklich zu.

Das ist dann in etwa so, als müsste man jeden Abend die Scherben des Tages wieder zusammen kleben. Ich bin dann froh, wenn wir einen einigermaßen harmonischen Abend verbringen können.

Natürlich arbeite ich nicht 24h, aber 10 Stunden bin ich meistens schon etwa weg am Tag. Und was soll ich sagen: Ja, die Arbeit ist recht anspruchsvoll. Kindererziehung ist noch eine Nummer schwerer als beinahe jede Arbeit, deshalb muss es eigentlich, wenn man schon zu zweit ist, irgendwie "fluppen" mit dem täglichen Miteinander. Was tut man, wenn gar nichts funktioniert?

Reden ist unmöglich mit ihr. Sie ist diskutieren nicht gewohnt, und wenn es zu heftig wird wird sie sogar laut oder handgreiflich. Außerdem redet sie nur vor dem Kleinen.

Nachdem er eingeschlafen ist zieht sie sich in ihre Gefilde zurück und ist kaum ansprechbar. Durch das ewige Streiten vor dem Kleinen bin ich schon der Dauer-Looser geworden, weil das immer dann ist wenn er gerade irgendwie bespaßt wird. Dann ziehe ich mich oft zurück, und der Kleine denkt, Papa hat Unrecht.

Für die orthopädischen Probleme habe ich schon einen Termin. Wir waren vor 3 Jahren bereits einmal dort, weil der Kleine Kiss-Syndrom hatte. Auch damals musste ich es initiieren. Zähne putzen mache ich natürlich gründlich, und wenn er mal 10 Sekunden putzt putze ich sowieso nach. Aber Morgens schaffe ich es in der knappen Zeit nur 2 Tage im Monat, vielleicht.

Von der Kita kamen über die Jahre (er geht sei 2 1/2 Jahren hin) immer wieder Hinweise an sie. Zu der Bewegung: Der Kleine wurde dort schon ganz früh "Pudding" genannt. Das kommt natürlich nicht von ungefähr, damals hat der Kinderarzt aber immer wieder gesagt, das sei normal. Da ich das nicht glaube gibts eben nun wieder einen Termin beim Orthopäden.

Es ist leider auch sehr schwer, den Kinderarzt zu wechseln, das habe ich mehrfach versucht, aber jeder Arzt/jede Ärztin, die wir mal als Vertretung hatten und der/die einfühlsamer erschien, hat dankend abgelehnt.

Unseren Arzt musste ich vor einigen Monaten darauf hinweisen, dass etwas mit dem Kleinen nicht ok war. Erst dann wurde er (beim 2. Besuch des Tages, nachdem meine Liebste dort gewesen war) aktiv und hat den Kleinen sofort ins Krankenhaus überwiesen. Es handelte sich um eine nicht so seltene Krankheit (Purpura Schönlein-Henoch).

Tja, dass ich den Kleinen fertig machen könnte stimmt natürlich. Er kennt aber nicht den Weg ins Badezimmer, das wird alles in der Küche gemacht. Wie erwähnt, im Stehen, wenn er Videos schaut (ist nur ein Beispiel). Mit einfachen Worten: Er macht wirklich nichts, ohne einen Anreiz zu bekommen. Ich konnte mir bis zu "Peter" auch nicht vorstellen, dass es ein Kind gibt, das nicht gerne freiwillig in die Badewanne geht.  Jedes Vollbad (oder Dusche), und es waren nicht viele in seinem Leben, habe ich einleiten müssen. Das liegt nicht an "Peter", sondern daran dass er Unbekanntes meidet. Ich versuche es spätestens einmal in der Woche, schaffe es aber nur etwa alle 2 bis 3 Wochen, ihn dahingehend zu motivieren.

Ich mag lange Haare (hätte ich auch gerne ;-)). Das ist nicht das Problem. Das Problem ist, dass sie sie selber schneidet. Während er Video schaut. Und sie kann das nicht. Abgesehen davon soll ein Kind ja auch die ganz normalen Prozeduren des Alltags lernen.

Es gibt nur wenige Kontakte zu anderen Familien mit Kindern, so dass sie sich dort auch nichts abschauen kann. Kontakte mit meiner Familie unterbindet sie auf ihre Art und Weise, so dass sich keiner von alleine blicken lässt. Sie möchte einfach alles bestimmen und es ganz genau so machen, wie sie es für richtig hält. Dadurch hat der Kleine auch keinen regelmäßigen Kontakt zu Freunden, es finden fast nie gegenseitige Besuche statt. Deshalb bin ich schon immer auf der Suche nach Gleichgesinnten (sowas wie alleinerziehende Väter - oder auch Mütter), aber das ist ehrlich gesagt auch Illusion. Besser wäre, es würde so funktionieren.

Deshalb werde ich, obwohl ich schon 2 Gespräche mit dem Jugendamt hatte, und auch Mails hin und her gegangen sind, demnächst noch so einen der dünn gesäten "offenen Beratungstermine" wahrnehmen. Man hat mir auch schon in Aussicht gestellt, dass es mal einen Besuch vom Jugendamt geben könnte, falls es gar nicht mehr geht.

Kleiner Zusatz: Ich sehe die Mama nicht als Hauptverantwortliche. Sie war nur die ersten 2 Jahre immer zuhause und dadurch ergibt es sich automatisch, dass sie auch die erste Erziehungsarbeit logischerweise übernimmt. Da sie ihn 2 Jahre gestillt hat war das auch eine gewisse Machtposition, die sie ihm gerne gezeigt hat. Dann habe ich damals dafür gesorgt, dass "Peter" endlich in seinem Bett schlief und habe mit dem Vorlesen begonnen. Vorher kannte er nur Mama auf Sofa.

Ich sehe uns beide als gleichermaßen verantwortlich, möchte und kann aber nicht immer gute Miene zum bösen Spiel machen.

Selbstverständlich lasse ich den Kleinen niemals allein, auch wenn eine Trennung in Betracht kommt. Da ich sie kenne weiß ich aber auch, dass das böse Spiel weitergeht. Egal ob ich da bin oder nicht. Vielleicht täusche ich mich aber auch.

Das wäre schön.

lotte81

Alles in allem klingt es so, als ob ihr da ohne professionelle Hilfe nicht raus kommt.... Familienberatung und Jugendamt sind da also wohl die richtigen Ansprechpartner und eben Kita Sozialarbeit oder Erzieher*innen (ggf auch die mal fragen, in er in der Kita auffällig ist), Kinderarzt. So jedenfalls scheint ja niemand wirklich glücklich zu sein.
Ob das Kind einfach nur Spielball ist und reagiert bzw sich so verhält, wie die Mutter es erwartet, kann man von außen natürlich gar nicht einschätzen ... vielleicht hat er auch noch eigene Probleme, die angegangen werden müssen.
03/2006 ♂️
03/2008 ♀️
10/2018 ♀️