Adipositas-Chirurgie -30 kg / von 56 auf 44

Begonnen von Jules, 24. April 2010, 15:35:26

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Jules

Hallo,

Snoopy mit ihrem Magenband hat mich damals auch mit inspiriert, mich in dieses Thema mal etwas genauer einzuarbeiten und zu informieren.

Am 29. März 2010 habe ich einen Schlauchmagen machen lassen. Dabei ist sozusagen der große "Beutel-Teil" des Magens entfernt worden und der Restmagen hat jetzt eine Schlauchform. Dadurch geht natürlich erheblich weniger rein und ich gewöhne mich gerade an mein neues Leben damit.
Irgendwann wird sich der Magen aber auch wieder etwas ausdehnen, aber er soll halt mir jetzt helfen, von meinem Übergewicht runter zu kommen.

Einige haben aus meinem Ticker abgeleitet, was ich gemacht habe und ich bekam viele, viele liebe KNs zum Thema mit einer Menge Fragen.

Da das Thema sicher auch andere interessiert, biete ich an, in einem Thread gern dazu zu informieren und Fragen für alle zu beantworten. Wer das lieber persönlich mit mir besprechen möchte, kann mich aber auch gern anpiepsen.
(Wenn eine Mehrheit meint, dies lieber im UU-Forum zu haben, kann ich auch eine Verschiebung durch die Mods erbitten.)

Ich mache es als Extrathread, weil...

- nicht jeder übergewichtige Mensch ist essgestört, daher passt das Thema nicht in den Essstörungs-Thread
- es keine kosmetische Operation ist, daher passt es auch nicht in DEN Thread.

Demnächst werde ich dazu also etwas mehr zu meinem Werdegang zur OP berichten.
Wenn Interesse besteht, berichte ich gern ausführlicher.

Geunevive

oh ja, das würde mich interessieren. hab mich mit dem thema auch schon einmal beschäftigt, bisher aber zuviel bammel davor. bei mir wäre es dann halt auch eine frage der kostenübernahme usw.

Jules

Kommt alles drauf an. Die KK sehen das heutzutage schon viel offener.

Du musst halt nachweisen, dass Du wirklich schon alles probiert hast, um Gewicht zu verlieren, es ist empfehlenswert, vorher eine längerfristige Ernährungsberatung mitzumachen und wenn Du DANN zeigen kannst, dass Dein Übergewicht Dir schon gesundheitliche Probleme bereitet, dann stehen die Chancen schon gar nicht schlecht.
Ob die KK das bewilligt, hängt von der Empfehlung des MDK (Medizinischer Dienst der KK) ab, die die Anträge sichten und ihre Fachmeinung (LACH) dazu abgeben. Und laut meiner Erfahrung haben fast alle KK und MDKs ganz unterschiedliche Richtlinien für sich. Man weiß das vorher nie!

Ich bin mit BMI von 40 da rangegangen, das ist auch eher an der unteren Gewichtsgrenze, aber da ich eine schwere Schlafapnoe habe und manchmal schon Knieprobleme anfingen, ging mein Antrag sehr fix durch.

feline

Das Thema finde ich auch interessant . :)

Darf ich fragen wie du das meinst "nicht jeder übergewichtige Mensch ist essgestört" ?

Also wir reden hier ja nicht von 1 , 2 Pfund Hüftgold (dafür braucht man natürlich keine Essstörung  ;) ) aber wie kann man massives Übergewicht haben und keine Essstörung haben?

Jules

Eine Essstörung ist für mich eine psychologische Störung, die das normale Essverhalten ersetzt hat.
Ich hatte sowas vor etwa 10 Jahren, da hatte ich eine schlimme Lebenskrise und habe mich bis auf 120 kg hochgefressen. Ich hatte Essanfälle, da ich (unbewusst) mir einen Schutzpanzer angefressen hatte, ich wollte mir Leute auf Abstand halten, um nicht noch mal einen schlimmen Verlust zu erleiden, ich wollte un-liebenswürdig sein. Da die Polster eine Funktion hatten (was ich auch erst jetzt verstehe), konnte ich gar nicht abnehmen.
Ich habe mich dann mit Therapie und Antidepressiva aus meiner Depri befreit und aufgearbeitet, was bei mir schief lief.
Dann brauchte ich die Polster nicht mehr, ich nahm auch nicht mehr zu. Mein Gewicht konnte ich um 10 kg reduzieren, nahm sogar bei den SSen defacto nicht zu.
Meine Sicht für meine Person ist, dass ich als Folge meiner Essstörung stark übergewichtig wurde. Aber diese Essstörung liegt nun wirklich schon lange hinter mir. Ich bin heute nicht essgestört.
Ich würde auch nie einer Person mit Essstörung zu so einer OP raten.

Genauso gibt es auch genug Leute, die dick sind, weil sie sich nie mit dem Thema korrekte Ernährung auseinander gesetzt haben oder nicht so dahingehend aufgeklärt wurden. Die sind ja auch nicht essgestört.

Und es kann Leute geben, bei denen wandert einfach Schub für Schub immer mal wieder ein Polster mehr auf die Rippen, weil sie gern essen. Die sind deswegen noch lange nicht essgestört.
Ich habe türkische Freundinnen, die leidenschaftlich gern essen und kochen und nicht so sportbegeistert sind. Sie sind stark übergewichtig. Aber wo ist da die Essstörung?

Bei Essstörung ist das Problem eher im Kopf und die Essstörung ein Ventil dafür.
Essstörung ist ein Verhalten, dass den Körper kontrolliert, wie es bei mir eben so war.

Massives Übergewicht geht sehr gut ohne Essstörung, ich kenne dafür massig Fälle. Vielleicht HATTE man mal ne Störung, das mag sein.
Aber ich bin so essstörungsfrei (und das seit knapp 10 Jahren)...
;D

feline

Hmhm.. vielen Dank für die ausführliche Antwort  :)

Dann ist es eine Definitionsfrage. Für mich sind Menschen die ihr Gewicht nicht aus.. oh je, dass klingt so unfreundlich, bitte nicht falsch verstehen... nicht aus eigener Kraft reduzieren können, essgestört. Sie haben kein gesundes Verhältnis zum Essen. Nicht krankheitsbedingtes Übergewicht ist doch die schlichte  Folge von zu hoher Zufuhr und zu geringem Verbrauch.

Aber ich möchte den Thread nicht weiter sprengen  ;)

Jules

Was ich jetzt gelernt habe ist, dass ab einem gewissen Level an Übergewicht der Körper das Gewicht allein gar nicht mehr reduzieren kann, wie er es bräuchte. Das hat man aus neuesten amerikanischen Langzeitstudien jetzt erkannt, wie mein Chirurg berichtet hat, der stark in der Adipositas-Forschung involviert ist.

Man kann eben nicht sagen, nimm 2 kg ab und mach das 30x hintereinander. So funktioniert der Körper einfach nicht. Jedes Gramm abnehmen ist für den Körper Stress pur, er kämpft um jedes Gramm, um das Fett zu halten. Das Fett verpufft ja auch nicht, die Fettzellen leeren sich nur und sind auch ganz schnell wieder gefüllt.
:-\

Ich hab meine Ernährungsberaterin auch gefragt, wie realistisch es für mich wäre, mein Übergewicht richtig zu reduzieren und zu halten. Sie meinte, ich müsste lebenslang auf Diät sein. Und wer will das schon?!
Es gibt sicher phantastische Leute, die das geschafft haben, ich bin Nr 1 in deren Fan-Club. Aber es gibt gute Gründe, warum man das ab einem starken Übergewicht nicht realistisch erwarten kann.

Dazu gab es auch viele Reportagen und Interviews in Sendungen wie SternTV etc. Das hat mich sehr betroffen gemacht und daraufhin hab ich mich informiert.

Tinka&Mia

#7
.

feline

Bitte fühl dich doch nicht angegriffen.  :( Ich bin absolut deiner Meinung. Es gibt Gründe (psycho&physiologisch) die eine "normale" Abnahme unmöglich machen.

Ich finde das ganze Thema einfach spannend. Warum nimmt man zu? Und wieder ab? Etc.

Daniela+Kids

#9
 ;)

Tinka&Mia

#10
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Tinka&Mia

#11
.

feline

Zitat von: Daniela + Kids am 24. April 2010, 20:12:47
@feline
Heißt das dann für dich, dass alle Übergewichtigen essgestört sind, wenn das Gewicht nicht krankheitsbedingt verusacht wurde?

Ja, wenn sie unzufrieden mit ihrem Gewicht sind. Wenn jemand natürlich unbedingt 100kg wiegen will, weil er das für sein Idealgewicht hält, dann natürlich nicht.  ;)

Aber ja, ich halte unglückliche Übergewichtige für essgestört. Ich war auch übergewichtig und ja, ich war essgestört. In dem Moment in dem ich weiß , dass diese Schokolade mir massiv schadet und ich es trotzdem nicht schaffe der Versuchung zu widerstehen liegt eine Störung vor.

Vielleicht ist der Begriff "Störung" auch nur zu negativ besetzt. "Gestört" heißt ja nicht bescheuert oder minderwertig oder etwas ähnliches. Wie schon gesagt, dass normale Verhältnis zum Essen (Lebensgrundlage, Genussmittel) ist gestört.

Ich sehe gerade in der Vorschau tinka24: wenn jemand gerne isst und ein paar Pfund zuviel drauf hat und ihn das nicht stört, dann hat er auch keine Essstörung.

Sanne

Zitat von: feline am 24. April 2010, 20:22:36
wenn jemand gerne isst und ein paar Pfund zuviel drauf hat und ihn das nicht stört, dann hat er auch keine Essstörung.

Ähm, sorry - aber die Aussage ist doch irgendwie zwiegespalten.

Wenn ich 1,60 groß bin und 100 KG wiege bin ich zu dick. Punkt.

Wenn ich nun ungücklich über die 100KG bin, hab ich ne Essstörung - wenn ich damit glücklich bin, habe ich keine?!  ???  s-:)

glaube eher, dann hab ich ne Störung zu "mir"



@Jules - ich findes es SUPER interessant! Und drücke Dir ganz doll die Daumen  :D


und finde es schade, wenn Dein Thread hier grad irgendwie ins OffTopic geht  :-\


Jara - 21.10.2005
Lea - 21.05.2008

Tinka&Mia

#14
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Mama2008

@ Jules
Danke für den Thread, Ich werde ihn gespannt verfolgen.

Karo

Hallo Jules,

danke für den Thread.

also ich finde es
1) sehr mutig von dir die OP machen zu lassen
und auch hier so offen darüber zu reden.

zum Thema Essstörung.. gebe ich Jules Beschreibungen 100 % recht..

und Übergewichtige Menschen haben nicht automatisch eine Esstörung.

Ich bin auch übergewichtig.
bei mir ist es stressbedingt. habe die letzen 2 Jahren so hart gekämpft. mit Metabolic Diät und davor hatte ich schon Ernährungsumstellung gehabt.. und meine Therapeutin konnte nicht verstehen, dass ich nach 4 wochen dann aufhörte abzunehmen.
sie glaubte mir nicht, dass ich mich nach den Regeln halte. hat mich vor lauter verzweifelung in die Hotel -aufpass-kur geshickt ;)

und dann waren sie sich einig, es muss was anders sein. seit einem Jahr habe ich jetzt sämtliche Bluttests bei Endokrinologen machen lassen..
die ergebnisse für sich alleine betrachtet sehen nromal aus, aber im gesamtkontext schon einen sinn..
Mein Hausarzt hat seit dem angefangen auf Homöopathie basierend eine Therapie zu machen..

ich habe vorher jede woche 1-2 kg zugenommen und das war ätzend.. aber jetzt mit der therapie nehme ich nicht ab, wenn ich unter dauer stress bin, aber ich nehme auch nihct mehr zu.. und das ist schön..

Gewicht hat meistens erst eine seelische Ursache, die dann auf dem Körper umstellt..
Mit unserem Gewicht wollen wir uns in der Situation "festhalten" es ist ein Anker, ein panzer ;)

@ Jules..
wo hast du es machen lassen ?

Gruss
Karo
Das schönste Geschenk ist es, wenn die Kinder Dich umarmen, auch wenn Du leere Hände hast.

feline

Tut mir Leid, ihr habt gar nichts kapiert.   s-:)

Ich hab doch ausdrücklich gesagt, dass Jules sich nicht verteidigen muss, wofür auch?
Es ist toll und ich bewundere es sehr wie sie ihren Weg geht.  :)

Off-Topic finde ich das Thema übrigens überhaupt nicht, aber ich sehe schon, Diskussionen sind hier erwünscht. Ich halte mich dann aus diesem Thread raus.

Psy + Phil

ich glaub ich verstehe feline  ;) sie denkt sicher, das das Dick sein, ja auch irgendwoher rührt also man ist ja nicht von jetzt auf gleich dick  ;)

ZitatMit unserem Gewicht wollen wir uns in der Situation "festhalten" es ist ein Anker, ein panzer Zwinkernd

das kann ich nicht nachvollziehen  ??? ich denke (ich weiß es nicht) das fast jeder der Dick ist, mit sich und seinem Körper nicht zufrieden sein kann, ich habe ende letzten jahres sechs Kilo zugenommen und das hat man auch gesehen ich war immer schlank, und habe sofort etwas dagegen getan, und heute ist fast alles wieder weg, ich hab mich total unwohl gefühlt, die Tshirts waren zu eng die Hosen passten nicht mehr  ;) aber dick war ich dewegen noch nicht ,49 Kilo bei einer Größe von 163cm und vorher hatte ich 43-44 kilo, das ist schon irre wenn man ein paar Kilo zunimmt wie sich der Körper verändert ( alles wabbelt)  :P

ich denke einfach es gibt solche und solche, die einen die sich alles angefressen haben und einfach nicht aufhören können, die andern die wirklich krank sind und für Ihre Figur einfach nichts können ;)

Jules ich find toll das du den Schritt für dich gewählt hast... allein was die OP bei Snoopy schon bewirkt hat das ist der helle wahnsinn.

Tinka&Mia

#19
.

Jules

Hallo in die Runde,

ich finde es nur halb-off-topic denn sicher ist es eine interessante Frage, wo eine Essstörung anfängt und wo nicht. Und ich habe mich ja oben im Thread ganz bewusst von dem Essstörungs-Thread abgesetzt. Ich fühle mich auch nicht angegriffen, ich verstehe, worauf feline rauswill, aber für mich Essstörung halt eine ganz andere Baustelle.
Sehr dicke Leute haben sicherlich ein gestörtes (also ungutes) Essverhalten, aber Essstörung ist für mich was ganz anderes.

Für mich sind Essstörungen:
Bullemie
Sport-Bullemie
Magersucht
Binge-Eating (also Fressanfälle in etwa)
etc.

Und das Problem sitzt im Kopf.

Ich will das auch abschließend an einem anderen Beispiel verdeutlichen.

Eine meiner vielen Abnehmversuch-Stationen war, dass ich in Berlin zu einem Verein gegangen bin, der die Gründung von Selbsthilfegruppen zum Thema Essstörungen unterstützt. Man trifft sich einmal im Monat zum einem Gruppengründungstreffen, wenn man in so eine Gruppe möchte. Da stellen sich dann alle vor und jeder erzählt von sich und die anwesenden können überlegen, ob sie zusammen so eine Gruppe starten wollen.
Ich war dreimal bei so einem Gruppengründungstreffen.
Da gab es Frauen, gegen die sah ich dünn aus. Es gab die magersüchtigen Mädchen und recht normal-aussehende, die ihr Gewicht mit Essen und Erbrechen oder exzessiv Sport im Griff hielten.
Was mich da so wahnsinnig geschockt hat war das:

Diese Frauen hatten ALLE die gleichen Geschichten!

Ganz oft hatten sie Probleme mit dem Frau-Werden, traumatische Kindheitserlebnisse (sehr oft mit der Mutter) oder sonst einen Knick im Herzen, der die Essstörung hervorgerufen hat.

Alle hatten die gleichen Geschichten und es schien total willkürlich oder Zufall oder vielleicht persönlichkeitsabhängig gewesen zu sein, was für eine Art Ventil diese Frauen dann irgendwie fanden. Und das wurde halt über Essen reguliert. Sei es, dass die magersüchtigen Mädchen keine weiblichen Formen haben wollten oder ein sehr gestörtes Selbstbild (woher auch immer), oder das dicke Frauen sich halt getröstet hatten mit Essen.
Bullemie ist auch ein riesiges Problem, nur das man es den Frauen meist nie ansah. Dennoch haben sie - obwohl sie normalgewichtig bis schlank waren - definitv eine Essstörung.

Mich hat das sehr betroffen gemacht, denn ich weiß, dass ich einmal versucht hatte, mir einen Finger in den Hals zu stecken, aus Verzweiflung darüber, dass mein Gewicht immer weiter hochkletterte und ich mich dem so hilflos ausgeliefert gefühlt hatte.
Ich hab es nicht hingekriegt, ich glaube, meine Selbstschutzmechanismen waren zu gut. Denn vermutlich wäre es bei mir dann ins andere Extrem umgeschlagen.
Ich hatte dann irgendwann massig zu viel Kilos auf den Rippen, aber keine Bulemie und darüber bin ich heute heidenfroh.

Daher passt mein Thema nicht in einen Thread für Essstörungen.

Denn diese OP kann nur helfen, wenn man mit sich seelisch im Reinen ist. Wer sich mit Essen vollstopft, wird das auch nach der OP tun, und im Nullkommanix dehnt sich der Magen wieder aus (oder platzt vielleicht sogar) und man hat davon so gar nichts.
Über meinem Ticker steht ein wichtiger Satz:
"Jetzt beginnt MEINE Arbeit". Wenn ich mich nur zurücklehnen würde, und denken, es passt ja eh kaum was rein, ich kann essen was ich will, dann würde ich noch lange nicht deswegen abnehmen. Es gibt genug Leute, die sich dahingehend selbst betrügen und bei denen das Abnehmen dennoch nicht klappt.
Ich muss bewusst essen, um mit der geringen Menge Nahrung auf meine Nährstoffe zu kommen und ich muss mich bewegen. Ich bin eh sportvernarrt und genieße es, jetzt schon 10 kg leichter mich zu bewegen, ich laufe eh viel und das begünstigt sich alles ganz toll. Eine OP kann nur eine Stütze sein, die Arbeit, die muss ich immer noch allein machen.
So eine OP kann aber jemandem helfen, der eine Essstörung hinter sich gebracht hat und seinen Frieden mit den Ursachen gefunden hat.


Denn so trivial, wie es übrigens auch viele Hausärzte sehen ist es nunmal einfach nicht, sonst gäbe es nicht so viele dicke Leute, denn ich würde mich hüten zu behaupten, dass alle dicken Leute dumm oder faul sind, sich einfach umzuprogrammieren!
Mein Hausarzt meinte auch, das Problem wäre ja eigentlich, dass ich zu viel essen würde. Gemeint hat er fressen. Und das recht unverholen. Wenn ich zu viel essen würde, würde ich nicht schon seit Jahren mein Gewicht halten. Mein Körper schien aber an einem Fixpunkt von Gewicht zu kleben und ich kam da einfach nicht runter.

Nahezu jede Übergewichtige war schon mal irgendwann bei einer Ernährungsberatung. Wenn es so einfach wäre, dann einfach nur einer Umstellung und Neuregulierung des Essens mitzumachen, dürften doch trotzdem nicht so viele Leute so viele Probleme haben. Dann blieben vielleicht wirklich nur ein paar unverbesserliche Moppel übrig...
Behaupte ich mal ketzerisch.

Jules

Wie gesagt, ich teile hier gern mit Euch, was ich zum Thema Adipositas-Chirurgie gelernt habe.

Für mich war mein magischer Zeitpunkt das Abstillen von Conor. Wenn das passiert ist, wollte ich ich endlich um MICH kümmern und mein Problem endlich in den Griff kriegen.

Ich bin in die Adipositas-Sprechstunde der MIC-Klinik in Berlin gegangen. Nicht mit einem Einkaufszettel für eine OP; sondern um mich vorzustellen und mich beraten zu lassen. Mir gefiel, dass der Chirurg, Dr. Susewind, sehr in der Adipositas-Forschung involviert ist. Er und die Klinik hatten auch einen exzellenten Ruf.

Die Weltgesundheitsorganisation unterscheidet folgende Grade der Übergewichtigkeit:

Grad I : BMI : 25 - 30
Grad II: BMI : 30 - 40
Grad III: BMI : > 40

Eine behandlungsbedürftige Adipositas liegt bei einem BMI von mehr als 25 kg/m2 vor, insbesondere um Folgeerkrankungen auf Grund der Adipositas zu vermeiden.

Das ist so der Standard. Ab wann welche OP dann möglich wird, wird sehr unterschiedlich interpretiert.

Ich war mit BMI 40 sicher noch eine der leichteren Kandidaten, habe aber eine schwere Schlafapnoe und damit war ich auch "qualifiziert".

Ich besprach meine Diäthistorie und meinen Fall und mir wurde gesagt, dass ich mit einer OP sicherlich gute Erfolge erwarten dürfte. Mir wurde gesagt, dass es eben sehr beeindruckt hat, dass ich mich sehr mit meinen "Diäten" auseinander gesetzt habe und es eben keine Baustellen bei mir mehr zu geben schien.
Ich hatte auch ein sehr ausführliches Gespräch mit einem Psychologen, der auch noch mal nachchecken sollte, ob ein Kopfproblem mir eventuell den Erfolg der OP verhageln könnte.

Dann habe ich von August an bis Dezember eine Ernährungsberatung besucht. Das war einerseits ganz interessant, denn ich habe viel dazugelernt, dennoch habe ich bei einigen Momenten doch ganz schon innerlich mit dem Kopf geschüttelt.

... später mehr.

Nipa

Hallo Jules,

ich finde es sehr interessant was Du schreibst!

LG
Nipa

Jules

Danke Nippa! Und natürlich alle anderen, die es genauso spannend finden wie ich!  :D


... weiter geht's.

Die Ernährungsberatung war auch deswegen für mich was besonderes, weil es das erste mal seit langem war dass ich mir ganz egoistisch Zeit für mich genommen habe, nachdem ich mich - wie so viele Mamas sonst immer hinten angestellt hatte und die Bedürfnisse aller anderen über die meinen gestellt habe. Jetzt nicht. Die Oma wurde zum Babysitten rekrutiert, wenn mein Mann nicht konnte und ich ging dann einfach.

Es war nicht meine erste Ernährungsberatung und ich habe dem nicht unkritisch gegenüber gestanden. Meiner Erfahrung nach erzählt einem nahezu jede EBin was anderes und oft empfinde ich die Beratung etwas "weltfremd". Jede will nach der Ernährungspyramide der deutschen Gesellschaft für Ernährung arbeiten, aber doch ist es jedesmal etwas anderes.
Die eine erlaubt, dass Getränke 20 kcal/l haben dürfen, für andere darf es nur Wasser und Tee sein. Naja.
Die eine sagt, unbedingt Fett reduzieren, aber der neueste Feind jetzt sind Kohlenhydrate! Böseböse! Hintergrund: Der Blutzuckerspiegel steigt an, und das stört die Fettverbrennung.

Die physiologischen Abläufe im Körper bei der Verarbeitung der Nahrung zu erklären ist sehr interessant, aber hat in meinen Augen auch einige Teilnehmer überfordert.
Und manchmal hatte es auch leicht absurde Momente.
Mein Lieblingsbeispiel dafür:
Eine Teilnehmerin fragte, ob sie die erlaubten 2-3 kleinst-Kartoffeln denn auch mit fettarmer Milch zu KaPü machen dürfe, dass würde sie so gern essen.
Die EBin daraufhin: je kleiner die Kartoffel zerteilt wird, desto mehr Stärke würde freigesetzt, also bloß nicht. Meine spontane Frage: Aber kauen darf ich noch, ja?!
Ich bin sehr stolz, dass mir die Frage nicht rausgeplatzt ist und ich sie runter geschluckt habe.

Mir gefiel in der Beratung nicht, dass auch Obst- und Gemüsesorten tabu waren. Man stelle sich das so vor: ganz unten an der Pyramide ist Sport und Bewegung. Die nächste Stufe sind kalorienarme Getränke und darüber kommt als erste "Essensgruppe" Obst & Gemüse. Von denen darf man fünf Einheiten, 2 Obst, 3 Gemüse. Davon ernährt man sich also hauptsächlich. Eine Einheit ist etwa eine Handvoll, also ein SEHR kleiner Apfel ist eigentlich schon zu viel. Und dann keine Melonen, Avokados, Ananas. Klar weiß ich, dass die viel Zucker und Fett enthalten, aber für mich fühlte sich das einfach schräg an. Ich esse Obst und Gemüse sehr gern, immer saisonal und moderat. Wenn es Erdbeeren gibt, essen wir die, wenn wir mal eine reife Mango kriegen, dann ist die auch OK, schließlich kriegt man kaum je so gute, wie sie sein können.
Ich habe mich daher nicht allzu sehr davon reglementieren lassen, weil ich eben auch weiß, dass ich keine ganze Wassermelone am Stück esse, und die 2-3x im Sommer, wo wir die essen, genießen wir sie ohne Schuldgefühle. Es ist ja schließlich alles eine Frage der Balance.

Ich fand es auch weltfremd, Damen um die 50 vorzuschlagen, statt des Weihnachtsgeflügels vielleicht lieber Hähnchen asiatisch zu machen. Der Vorschlag wird garantiert NIE umgesetzt. Schlauer hätte ich gefunden, wenn sie erklären, wie man die Weihnachtsgans besser zubereiten kann, wie man die Sauce kalorienarmer hinbekommt und wie man die Kalorien ausgleicht, indem man vorher und nachher dann mal ne leichte Suppe einplant und den Nachtisch anpasst.
Aber ich schweife ab.

Ich stehe den Beratungen also auch durchaus kritisch gegenüber, habe sie aber brav mitgemacht und viel gelernt, was ich heute umsetze.

Jules

#24
Anfang Dezember hatte ich den EB-Kurs fertig und die EBin schickte einen Bericht über mich an die Klinik.

Für meinen Antrag auf Kostenübernahme habe ich dann meine Ärzte abgeklappert, um hilfreiche Atteste zu bekommen. Mein Lungenfacharzt meinte, er unterstützt mich und hat mir bescheinigt, dass eine starke Gewichtsabnahme mir sehr helfen würde und ich vermutlich meine Schlafapnoe dann auch wieder loswerden könnte.
Wer es nicht kennt: Schlafapnoe heißt, dass ich beim Schlafen Atemaussetzer habe. Sehr viele und sehr lange. Und jetzt kann man sich ausrechnen, wenn mir in einer Stunde etwa 60x die Atmung aussetzt, auch über eine Minute mal lang, dann bekommen meine Organe für viele lange Stunden nicht ansatzweise den Sauerstoff, den sie brauchen. Das ist also eine ganz gefährliche Kiste und kann einem den Weg zu Schlaganfall und Co ebnen. Ich fühlte mich dadurch oft müde (was ich auf meine Baby-Mama-Situation geschoben hatte), lange Autofahrten ermüdeten mich auch schnell.
Ich muss mit einem kleinem Beatmungsgerät schlafen (heißt bei uns Pusti). Dadurch werden die Atemwege offen gehalten, aber sexy ist es nicht. Aber man schläft erheblich besser, dadurch hab ich es gern getragen, aber noch viel lieber gebe ich es auch irgendwann wieder ab!
;D

Mein Hausarzt meinte gleich, von dem Thema A-Ch nicht viel zu verstehen, aber im Gespräch kam dann auch raus, dass er auch von Adipositas keine Ahnung hat, nach dem Motto "(fr) essen sie doch einfach nicht so viel". Ich hatte keinen Ehrgeiz, ihn aufzuklären, also bat ich ihn einfach, mir ein Attest zu geben, dass es für mich wichtig ist, viel Gewicht zu verlieren. Das tat er - gegen Gebühr (als einziger!) - dann auch, ich habe mittlerweile gewechselt.

Wichtig ist, wenn sich jemand dem Kampf gegen die Kilos stellen möchte, wirklich bei einem guten fachkundigen Arzt zu sein! Ich habe so viele Hausärzte um Hilfe gebeten und bin immer weggeschickt worden. Die haben auch nicht immer die Antworten, daher lasst Euch nie abspeisen, es gibt den Arzt, der helfen kann und will, und man findet die z. B. auch über Selbsthilfegruppen etc.

Mitte Dezember stellte die Klinik für mich den Antrag bei der KK (machen aber wohl nicht alle Kliniken), die OP wurde für mir von den Experten ausdrücklich empfohlen. Anfang Januar kam die Nachricht, dass der Antrag beim MDK liegt, Mitte Januar hatte ich die Zusage!!!

Und das war turboschnell. Anfangs wollte die KK den Schlauchmagen nicht bezahlen, weil die Methode zu neu ist. Aber nachdem mein Chirurg sie mit Fakten gefüttert hat, war das doch ok. Er hat auch darauf aufmerksam gemacht, dass Arzt und Patient die Methode aussuchen, die KK darf einem da nichts vorschreiben.

Die Alternativen der KK wären der Bypass gewesen, was für mich nie in Frage gekommen wäre, weil das für mich ein Schlachtefest vor dem Herrn ist, viel zu radikal. Mit der Methode muss man außerdem lebenslang seinen Blutspiegel kontrollieren lassen und Nährstoffe zuführen. Sie soll aber sehr erfolgreich sein und gilt als "Goldstandard".

Magenband wäre für mich die einzige Alternative gewesen, wenn ich den Schlauchmagen nicht bekommen hätte, aber das wollte ich nicht, weil die Dinger auch mal verrutschen können, es ist ein Fremdkörper, der kann auch mal Geschwüre verursachen etc, es gibt genug Leute, die sich den haben wieder entfernen lassen.

Ich habe mich für den Schlauchmagen entschieden, weil er ein vorhandenes Organ lediglich verkleinert, aber sämtliche Verdauungsprozesse laufen normal weiter ab. Wenn ich mich gut ernähre, brauche ich auch keine Nährstoffe zuführen. So abartig der Eingriff an sich auch ist, ich bin danach noch am "normalsten" weiter dabei.
Ich muss kein Magenband sperren oder entsperren lassen, ich muss keine Tabletten schlucken.

Und es wird sich mit der Zeit auch leicht wieder weiten, so dass ich irgendwann auch wieder etwas größere Portionen essen kann.

Ich bin mit meiner Wahl auch heute noch sehr glücklich, auch wenn ich verstehen kann, warum sich Leute für andere OPs entschieden haben und ich verurteile das nicht.
Ich wünsche jedem nur Glück und Erfolg.