Argumente GEGEN Belohnungssystem in der Kita

Begonnen von gänseblümchen11, 27. März 2017, 20:02:31

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Honey

Schnukki, ja.... hm.... Meine Beispiele,  laufen hier in der KiTa ganz locker nebenher. Es ist quasi eh immer jemand am Frühstückstisch oder draußen dabei oder hat ein Auge und ein Ohr im Turnraum usw. ... Ein strenges System wie hier im Thread beschrieben gibt es nicht; so etwas wird nur ausgearbeitet wenn es sein muss... Heißt nicht, dass es keine festen Regeln dort gibt oder sie sich nicht auf ein Kind mit Bedarf an sehr festen Strukturen einstellen.

Ich meine damit z. B., dass ein Kind selbst bestimmen darf, wann es frühstückt. Oder ob es frühstückt. Es gibt allerdings eine feste Abschluss-Zeit, bis wann es geschehen sollte.
Und wenn 2 min danach ein Kind möchte, sagt die eine Erzieherin "Nein, es gibt gleich Mittagessen und wir haben dich mehrmals vorhin gefragt, ob du noch frühstücken möchtest" und die andere drückt ein Auge zu und lässt das Kind sein Butterbrot  essen. Aber es geht deshalb niemand ohne Stempel heim  ;). Weder das Kind, das außerhalb der Zeiten frühstückt, noch die Erzieherin, die ein Auge zudrückt.  :)
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lotte81

#26
Ich kenne die Methode mit Belohnungssystem aus (Brennpunkt) schulen bzw. Schulen, wo es Probleme gab (und alle anderen Methoden nicht mehr gefruchtet haben, weil es sehr verfahren war und die Kinder auch gesprochene Worte nicht mehr wahrgenommen haben) und finde sie richtig angewandt nicht schlimm oder schlecht im richtigen Kontext.  Im Gegenteil: Eine Schule, die ein ähnliches System sehr konsequent anwendet, hat dadurch so eine Ruhe geschaffen, dass es ein sehr harmonisches und tolles Miteinander ist. Man beschimpft sich nicht mehr gegenseitig und alle ziehen an einem Strang. Es ist eine SChule, die ich ausgesprochen gerne besuche und in der sehr wertschätzend mit den Kindern bzw miteinander umgegangen wird.  Allerdings wird hier vorab genau erklärt, was Sache ist, es gibt Verträge zwischen Eltern, Kindern und Lehrern in denen sich die Personen zu gewissen Verhaltensweisen verpflichten (Also auch die Erwachsenen) und am Ende der Punktesammelei stehen tolle gemeinsame Aktivitäten, die je nach Punktzahl mitgemacht werden dürfen (keiner bleibt ganz außen vor, aber das "Super-Event" bekommt eben nur der Teil der Kinder mit den erwünschten Punkten).

Was mich hier stören würde: Die Kinder sind zu jung, die Abstände zu lang (ganzer Vormittag mittags bewertet ist nicht überschaubar für ein Kind). Es scheint keine klaren Regeln zu geben, wann es Sticker/ Stempel gibt und es führt zu nichts (keine Belohnung am Ende)...Ich denke so lutscht das System sich einfach schnell aus und ist Unfug. Zumal es (meiner Meinung nach) nur dann funktioniert wenn es längerfristig sehr konsequent angewandt wird.
Ach so, für einzelne Kinder, die sich schwieriger im Verhalten zeigen haben das sehr viele schulen/ Lehrer in Absprache mit den Eltern.... Aber auch da geht es dann ja logischer Weise um ältere Kinder.
Was man nicht vergessen darf bei aller Kritik: Wir sprechen bei SChulen und Kitas ja von Orten, an denen sich die unterschiedlichsten Kinder sammeln, die auf die unterschiedlichsten Dinge anspringen oder eben nicht...da sind die ganz ruhigen braven, die man nicht sieht und hört, die aufgeweckten höflichen, aber eben auch die Kinder, die aus irgendwelchen Gründen sehr schwierig sind. Am Ende ist es wichtig eine Methode zu finden durch die ein tolles und angenehmes Miteinander möglich ist und die allen hilft die bestehenden Regeln gut zu akzeptieren und anzuwenden. Also auch den Kindern, die sonst vielleicht eher Schwierigkeiten mit Regeln haben. Wir sprechen ja nicht von unserer Familie, in der wir mit 1-5 Kindern leben und diese sind auch noch unsere eigenen und haben somit eh einen anderen Bezug zu uns. Uns selbst da mache ich mich nicht frei davon sicher auch mal Belohnungen oder Sogar Bestechung anzuwenden oder angewendet zu haben. Und je schwieriger ein Kind ist, desto mehr muss man ihm manchmal einfach verdeutlichen/ verbildlichen, wenn es was gut gemacht hat oder  auch wenn etwas nicht so gut gelaufen ist.

Ob man das System dann immer für eine ganze Gruppe anwenden muss und vor aller Ohren besprechen, ist ein anderes Thema. Für mich hört es sich so an, als sei das Konzept einfach nur halb bzw. halb-richtig eingesetzt, um mal was anzutesten.....

03/2006 ♂️
03/2008 ♀️
10/2018 ♀️

Binus

Ich hatte mich kurzfristig mit einem Belohnungssystem auseinandergesetzt, da es uns in der Erziehungsberatung empfohlen wurde - und ich zu diesem Zeitpunkt schon arg dagegen war.  :P Einfach, weil es sich für mich eben nach Hundeerziehung und Dressur anfühlte, und ich zu diesem Zeitpunkt von meinem damals...moment...fünfjährigen Sohn einfach mehr erwartet habe. Ich wollte, dass er bei (von mir empfundenem) negativen Verhalten selbst merkt, dass er sich/der Familie etc. keinen Gefallen tut. Ich ordnete ihn damals kognitiv schon so weit ein, dass er einschätzen kann, wann er schlicht "ärgert" - dass es Gründe dafür gibt, und diese wollte ich wissen und gerne beheben. Ca. ein Jahr zuvor hatte ich kurzzeitig dass Belohnungssystem eingesetzt, da unser Junge jede, jede, jede Nacht schreiend aufgewacht ist, ich (wir Eltern) der Meinung war, dass keine wirkliche Not vorliegt und wir ihm daher ehrlicherweise dieses anstrengende, antrainierte Verhalten abgewöhnen wollten, da jegliche Gespräche ohne Ergebnis verpufften. Das hat fantastisch geklappt, und ich fühlte mich bestätigt, dass er "eigentlich" schlafen kann, auch durchschlafen. Kurz danach hat es sich allerdings schon totgelaufen, und die Sticker und in Aussicht stehende Belobungen haben ihn nicht mehr gereizt.

Jedenfalls: das hier

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beschriebt schön, verständlich und ausführlich, dass Belohungssysteme eher ein letzter pädagogischer Versuch vor kompletter Resignation sind.

In bestimmten Situationen ganz gut geeignet (wohl auch eher für Schulkinder) - vor allem in ganz konkreten Situationen, also für z.B. das Kind, das immer die Jacke auf den Fußboden schmeißt, wider besseren Wissens, und dem man nur diese eine kleine Macke abgewöhnen will. Ganz sicher nicht für eine ganze Kita-Gruppe.

Emelie

@lotte81
Toller Beitrag!
Finde dein Beispiel toll, das eben wieder zeigt, dass es nicht von Grundauf schlecht sein muss.

AnnHoly

Ich kenne Belohnungssysteme von meiner Freundin (Sonderschulpädagogin) für ihre 14-15jährigen Schüler, die sehr gut funktionieren, aber auch entsprechend sinnvoll und konkret ausgearbeitet sind.

Für Kindergarten-/Vorschulkinder MUSS so etwas m.E. nicht sein - zumindest kein so schwammiges Belohnungssystem, das niemand durchblickt. Das hört sich dann schon eher nach dem "letzten Versuch" an.

Grundsätzlich habe ich nichts gegen Belohnungssysteme. Wir haben hier zu Hause sogar selbst eines. DAS funktioniert allerdings auch.

Ich habe festgestellt: Kindern hilft es enorm, wenn etwas "visualisiert" wird. Dazu müssen die "Kriterien" natürlich verständlich formuliert sein. "Lieb sein" reicht da nicht. Wenn die einzelnen Punkte nachvollziehbar sind, wird auch der Fokus der Kinder darauf gelenkt. Wir haben hier bspw. folgende Kriterien:

- morgens aufstehen, Zähne putzen, anziehen
- pünktlich losgehen
- Kleidung etc. ordentlich + vollständig (beim Nachhausekommen)
- Zimmer aufgeräumt
- Mama und Papa geholfen
- Gemüse gegessen
- Streit vermeiden/schlichten
- abends ausziehen, Zähne putzen, schlafen gehen.

Das sind einfache Dinge, die sie - natürlich - ohnehin schon kannten und zum Teil schon gemacht haben. Seit Einführung des "Systems" müssen wir es jedoch nicht mehr ständig sagen. Wir haben Alles durchgesprochen und erklärt und es funktioniert wunderbar. Ein Beispiel: Unser Schnecki hat früher STÄNDIG etwas in der Schule (gern auch auf dem Pausenhof oder mal eine nicht günstige Trinkflasche auf einem Schulausflug) vergessen. DAS passiert seitdem nicht mehr. Sie hat gelernt, besser auf ihre Sachen zu achten. Das allein ist für mich schon ein absolutes Pro für ein solches System.

Mama + Papa geholfen: Dahinter verbirgt sich so etwas Einfaches wie Brotdose aus Rucksack + Schulranzen nehmen und zum Abwaschen in die Küche bringen. Oder nach dem Ausziehen die Wäsche in den Wäschekorb legen. Das funktioniert inzwischen weitgehend ohne Aufforderung. Speziell Schnecki achtet mittlerweile auch darüber hinaus darauf, ob sie uns etwas abnehmen kann. Einfach weil sie merkt, dass es uns freut und uns mehr gemeinsame Zeit verschafft. DAS ist toll. Sie ist - unterstützt durch das System - noch selbständiger geworden. Sie geht allein einkaufen (Ich lasse sie immer das Frischfutter für unsere Ratten kaufen ...), macht sich ein Spiegelei o.ä. - nicht weil sie eine Belohnung dafür bekommt, sondern weil sie sich (zunächst angeregt durch das System) immer mehr zutraut und ihr "Spektrum" erweitert.

Gemüse gegessen: Dazu muss ich schreiben, dass unsere Kids bzw. vornehmlich Schnecki nicht die großen Gemüseesser sind. Was erstaunlich ist, da ich hauptsächlich von Gemüse lebe und sie es von Anfang an kannten. Da Schnecki seit geraumer Zeit aber auch kein Fleisch mehr isst, MUSS sie (aus meiner Sicht und aus gesundheitlichen Gründen) mehr Gemüse essen. Durch dieses Kriterium im System sind zwei Dinge gegeben: Ich muss abends konkret Gemüse anbieten (am liebsten in Form von Gemüsesuppen oder grünen Smoothies - die sie lieben) und sie trauen sich inzwischen schon eher an Gemüse ran (wie geschrieben: Schnecki ist noch eher "betroffen", Lütti ist da etwas offener). SIE fragen mich dann, was es denn gibt bzw. erinnern mich auch mal daran, dass sie bspw. noch keinen Smoothie hatten. Netter Nebeneffekt: Ich bekomme noch mehr Gemüse und mein Mann (der eine nicht ganz so gesunde Ernährung hat bzw. nicht ganz so viel Gemüse isst wie ich) bekommt auch mehr Vitamine. Es nützt also der ganzen Familie.

Ich hoffe, es kommt rüber, was ich mit dem System hier zu Hause erreichen will. Der Fokus wird auf ohnehin Praktiziertes gelenkt und für die Kinder durch die Visualisierung "greifbarer" gemacht.

Sie sehen selbst, dass das Zimmer aufgeräumt werden muss. Wenn sie in Streit geraten, suchen sie (mit Ausnahmen) nach Lösungen, sie geben eher nach etc. Und sie helfen sich gegenseitig, damit BEIDE das Ziel erreichen.

Uuund: sie lieben den "Smileycheck" am Abend und sind total stolz, wenn unser "Plan" voller Smileys ist.

Bisher hatten wir wirklich nur Vorteile.

Oh, ich arbeite übrigens auch mit einer Art "Ampelsystem". Es gibt gelbe lächelnde Smileys, orangefarbene "neutrale" Smileys und rote Smileys, deren Mundwinkel nach unten zeigen. Bei drei orangefarbenen Smileys gibt es einen roten und somit keine "Belohnung". Rückschläge hatten wir also auch schon mal. Die positiven Erfahrungen überwogen aber bisher - für beide Seiten. :)

Ach ja: Die Belohnungen sind "Kleinigkeiten" oder auch mal ein besonderer Ausflug. Eigentlich Dinge, die sonst auch geschehen. Irgendwie werden sie aber nun noch mehr geschätzt.

Von meiner Seite also - grundsätzlich - ein klares Pro für Belohnungssysteme. Nicht unbedingt für ganze Kindergartengruppen (bei bestimmten Schulformen/-gruppen passt es wieder) und schon gar nicht ohne Sinn und Verstand, aber sie können tatsächlich helfen.


:) AnnHoly

HappyMom

Ich finde Belohnungssysteme  gut, wenn ein Sinn und Zweck dahinter steckt, also so ähnlich wie AnnHoly beschrieben hat. Und natürlich wenn das zusammen mit den Kindern besprochen und erarbeitet hat. Und es sollte nur für einen bestimmten Zeitraum sein.
Aber einfach so, wie es bei euch der Fall ist in der Kita und es nicht erklärt werden kann auch seitens von den Erzieherinnen nicht, das ist schon sehr daneben gegriffen und wirkliches Machtgehabe.

In unserem Kiga gibt es kein Belohnungssystem, da werden die Kinder ganz individuell begleitet und gefördert.
In der Schule bei meinen großen gibt es auch das schon so genannte Ampelsystem.  Jeden Morgen sind alle Wäscheklammern, die  mit Namen versehen sind auf grün. Verhält sich jemand daneben oder beachtet gewisse Regeln/Aufforderungen nicht, kommt es auf gelb (Verwarnung) und bei wiederholem Male auf rot -> folgt ne Konsequenz in Form einer Strafarbeit.
Das ist mit den Eltern aber besprochen worden am Elternabend und alle haben ihr okay dazu gegeben.


AnnHoly

Das sollte ich noch ergänzen: Selbstredend werden wir unser "System" nicht bis zur Volljährigkeit der Kids durchziehen. Es geht eher darum, eine gewisse Routine in gewissen Dingen zu erreichen, ohne dass es täglich erwähnt werden muss. Ich mache - wie selbstverständlich - jeden Tag einen Smoothie/eine Suppe/irgendwas Gemüsiges für die Kids (Anmerkung: Wir kochen nicht jeden Abend, da sie ja in der Kita/Schule zu Mittag essen ...), sie räumen - wie selbstverständlich - ihr Zimmer auf etc. Bei Bedarf werden einzelne Punkte vielleicht mal ausgetauscht. Das entscheiden wir dann in der jeweiligen Situation ... :)

hallihallo

Eigentlich wurde ja schon alles gesagt. Ich sehe es auch eher skeptisch aus den genannten Gründen. Es wird inflationär mit angeblichen Belohnungen umgegangen (warum ist das eigentlich eine Belohnung?). Den Kindern wird suggeriert, dass nur liebe Kinder, gute Kinder sind. Die "Ausreisser" werden ausgegrenzt (und das vermutlich regelmäßig). Die Erzieher unterstellen doch damit den Kindern, dass sie sich jederzeit im Griff haben sollten....und wenn sie das nicht schaffen, dann bin ich nicht lieb  ??? Ziemlich verschroben das System und nicht durchdacht.
Und wenn man das sowieso im Rundkreis bespricht, dann kann man doch einfach mal die Kinder fragen. Was meint ihr? Ist heute alles gut gelaufen? Gab es etwas was gestört hat? etc.pp....

Bei uns im Kiga gibt es Karten. Rot und Gelb (Grün hätte ich auch noch gut gefunden...als besondere Belohnung  :)). Es wird mit Gelb gewarnt..das reicht meistens schon. Dann gibt es rot und es gibt eine Auszeit auf der Bank (über die Maßnahme kann man auch diskutieren...).