Inklusionskinder - wie geht man mit Infos um?

Begonnen von SarkanaM, 15. Oktober 2015, 20:07:35

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SarkanaM

Hallo!

Ich würde gern wissen, wie der Informationsfluss über Inklusions- oder Integrationskinder in der Schule und ggü den Eltern aussieht.

Wisst ihr, welche Kinder in der Klasse das sind?

Wissen die Kinder innerhalb der Klasse was los ist? Werden sie über die Lehrer oder Inklusionshelfer für besondere Situationen sensibilisiert?

Oder falls ihr selbst betroffen seid: Seid ihr auf andere Eltern zugegangen? Oder sagt ihr: geht euch nichts an?
Wo zieht ihr eine "privat" - "öffentlich" - Grenze? Wenn z.B. ein Verhalten dafür sorgt, dass andere Kinder verletzt werden?

Brauche da mal Input und würde mich über offene Antworten sehr freuen.
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"In the age of information, ignorance is a choice."

Honigbluete

In der Regel wird den anderen Eltern nicht gesagt, wer Inklusionskind ist, aber die Kinder merken es oft recht schnell. Wenn ein Integrationshelfer da ist, wird zumindest den Kindern gegenüber erklärt, dass er da ist, um XY zu helfen. Aber Details werden nicht gesagt.
Ich habe in einer Klasse einen Jungen mit extrem herausforderndem Verhalten, da Überlegenheit wir gerade, wie man da mit Informationsfluss umgeht, da die Situation schon eine enorme Belastung für die anderen Kinder darstellt.

peter

In unsere dorf pampa grundschule ist jetzt ein kind in der 1.klasse wo einen ihelfer hat, der junge ist klein , man versteht ihn recht schlecht und er hatte wohl mal ein Tracheostoma.
Die kinder sagen untereinander das der wohl nicht ohne mama bleiben will.... Sie wissen nichts und versehen es nicht.
Ich finde es schade weil ich finde das dem jungen so der " seltsam" stempel aufgesdrückt wird, ich fände es schöner es wäre offener.... Kinder das ist xy, er war/ist krank kann dies und jenes noch nicht so ganz allein und darum ist xy dabei um blablablubb

Mama2008

Mein Sohn in der 1. Klasse sagt bei einem Mädchen sitzt eine "Praktikantin", die dem Mädchen hilft.
Wir Eltern sind offiziell über nichts informiert.

Nipa

Bei uns gab es in der Schule ein Kind mit I-Helfer.
Es wurde zwar offen kommuniziert dass es ein I-Helfer ist, für welches Kind war logischerweise schnell erkannt. Warum das Kind den I-Helfer hat wurde aber nicht gross besprochen.

peter

Ich kann natürlich nicht sicher sagen wie ich reagieren würde wenn anna einen ihelfer bräuchte aber aus der sicht jetzt : wie kann ich erwarten das die anderen kindern meinem kind gegenüber offen entgegentreten wenn ich aber nicht offen sondern " verschlossen" bin?

Anders

#6
edit

dragoness

Hier wurde den Schülern mitgeteilt welches Kind was hat, weil lt. dem Lehrer die Akzeptanz wesentlich höher war. Es wurde erklärt, dass das Kind für sein Verhalten nichts kann und eben deswegen öfter auffällt. Lt. dem Lehrer hat man das vorher nicht gemacht und er hat gemerkt, dass es den Kindern leichter fällt und es auch für das betreffende Kind einfacher ist, weil es nicht so massiv ausgegrenzt wird, wenn sowohl Schülern als auch Eltern die Problematik erklärt wird.

Rumpelstilzchen

Unsere Erfahrung passt vielleicht nicht ganz zur Ausgangsfrage, aber ich gebe trotzdem mal meinen Senf dazu: Bei uns hat die Therapeutin meines Sohnes in der neuen Klasse (5.) nach ein paar Wochen Schule die Kinder mit einer Präsentation aufgeklärt, die er mit erstellt hat (es geht um Asperger-Autismus). Er ist ohne I-Helfer in einer Regelschule und nicht sooo auffällig und niemals aggressiv anderen gegenüber.
Die Eltern wussten dann zum großen Teil über ihre Kinder Bescheid, ich habe neulich beim Elternabend nur kurz gesagt, dass das bei meinem Sohn so ist und wer mehr dazu wissen möchte, kann mich gerne ansprechen.
In der alten Klasse haben wir das noch nicht gemacht; anfangs hatten wir die Diagnose noch nicht und dann war er auch schon auf seine Art in der Klasse integriert und akzeptiert. Wir hatten für die 3./4. Klasse an eine "Aufklärung" gedacht, dann kam uns eine andere Erkrankung aber dazwischen und stand im Vordergrund.
Also ich bin grundsätzlich für Offenheit, wenn man es den Eltern und altersgemäß den Kindern erklärt, warum jemand anders ist, denke ich, dass man Mobing etc. eher vermeidet als wenn man es deckelt, das Kind dann aber doch auffällt.
Rumpelstilzchen 5/2010
Wilde Hilde 1/2008
Künstler 12/2004

Niolanta

Ich bin Lehrerin einer Inklusionsklasse an einer Schule mit langer Inklusions- und Kooperationserfahrung.

Generell werden weder Schüler noch Eltern gezielt darüber informiert, wer ein I-Schüler ist (die betroffenen Schüler wissen das natürlich). Wir beschulen aber hauptsächlich I-Schüler mit Lernbeeinträchtigungen. Verhaltensauffälligkeiten haben hier häufiger die Kinder ohne offiziellen Status.
In meiner Klasse ist ein Schüler mit Tourette-Syndrom, der den Kindern natürlich sehr schnell aufgefallen ist, thematisiert haben wir es in Absprache mit ihm und den Eltern aber nicht, die Kinder haben ihn selbstständig gefragt und waren alle positiv und offen, so dass es keiner weiteren Steuerung von Lehrerseite brauchte.
Sollte bei mir in der Klasse ein Schüler sein, der durch sein Verhalten bedrohlich für den Rest der Klasse wäre, denke ich dass eine Information der Schüler und Eltern notwendig wäre, je nachdem wie ich und die Schulleitung die Situation einschätzen und wie gut das schulische Netzwerk von Assistenzen/Sozialpädagogen, etc. funktioniert.




SarkanaM

Danke für eure Erfahrungen bisher.

Ich schildere mal die Situation:

1. Klasse, ein Kind mit I-Helfer, der während der Schulstunden dabei ist. Er kümmert sich besonders um das Kind, aber auch ein wenig um alle anderen. Die Kinder haben natürlich in nullkommanix rausgefunden, zu welchem Kind der I-Helfer gehört.
Das Kind ist ein Jahr älter und auch größer, als der Rest der Klasse. Inzwischen weiß ich, dass er ein Aufmerksamkeitsproblem hat.
Ok, soweit wäre das ja noch alles kein Thema. Aber er ist aggressiv und in den Pausen gibt es nur die normale Pausenaufsicht, die für alle Klassen da ist. Und es gibt keinen Tag, an dem er nicht Mitschüler schlägt, nass macht, Arbeitsmaterialien anderer kaputt macht usw usf.

Also gibt es jetzt eben doch ein klassenweites Problem mit diesem Jungen. Ich denke, bei einem Standardschüler würde es da (spätestens) vor den Weihnachtsferien eine Klassenkonferenz geben, um Konsequenzen zu ziehen.

Ich sehe das aber problematisch. Die Kinder wissen schlicht nicht, was mit dem Jungen los ist. Sie sind verwirrt, verängstigt und auch sauer, dass kein normaler Unterricht stattfinden kann, weil es komplett unruhig ist und haben in den Pausen Angst. Ich möchte den Jungen aber auch nicht "ganz normal" behandeln - weil dann folgt  irgendwann die Klassenkonferenz, evntl ein paar Tage Ausschluss vond er Schule. Da wird er ja von vornherein stigmatisiert und früher oder später aus der Klassengemeinschaft ausgeschlossen.
Jetzt sehe ich da noch Potential auch ihn zu integrieren, wenn man die Schüler (und ggf auch die Eltern) aufklärt.

Ich finde Informationen da einfach wichtig, wie sollen die 1. Klässler denn sonst mit jemandem umgehen, der sich ihnen ggü nur aggressiv verhält? Mein Sohn wollte den Jungen wohl mal fragen, aber er sagte, der redet nicht mit ihm.  :-\

Wir Elternsprecher wollen uns zunächst mal mit den Eltern zusammensetzen. Die Mutter hat Gesprächsbereitschaft signalisiert. Ich hoffe, dass man da gemeinsam dran arbeiten kann, den Jungen zu integrieren.

Es kann doch nicht sein, dass der Inklusionsgedanke so gegen die Wand gefahren wird, einfach weil niemand informiert ist und niemand den Kindern sagt, wie sie sich verhalten sollen.  :-\
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"In the age of information, ignorance is a choice."

jewa

Und wo ist der I-Helfer in der Pause??
Unsere I-Helferin (Kind geht allerdings auf eine Förderschule) ist da dabei, was ja auch Sinn und Zweck der Sache ist, da er die Unterstützung gerade auch im verbalen Bereich braucht.

In der Klasse gibt es da auch keine Geheimnisse (wobei er sich die I-Helferin mit einem körperlich behinderten Mädel teilt), es ist offensichtlich, genauere Details (Diagnose der Behinderungsart) natürlich nicht (ich weiß auch bei manchen Klassenkameraden nicht, warum sie auf der Schule sind, könnte da bei Interesse aber die Eltern direkt fragen, wir haben alle guten Kontakt zueinander). Der Fall Förderschule (alle haben ihre "Baustelle") ist natürlich nicht mit der Regelschule 1:1 vergleichbar, von daher wird dir mein Statement vermutlich nicht wirklich weiterhelfen.


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Das Leben wäre viel einfacher, wenn ich dich nicht getroffen hätte.
Es wäre nur nicht mein Leben.

Flower Eight Revival

#12
Ich finde, bei allem Verständnis für die Situation (und glaub mir, ich erkenne in deine Erzählung einen Jungen aus Junior Klasse wieder), aber es ist Sache der Lehrer sich mit den Eltern dieses Jungen zusammen zusetzen. Ich würde als Mutter die Schule und keine besorgte Eltern, egal ob Elternvertreter oder nicht, als Ansprechpartner haben wollen. Ist auch natürlich die Frage, was ihr meint damit erreichen zu können.
Ich würde anders vorgehen: als Elternvertreter mich mit den Lehrer in Verbindung setzen. Haben sich Eltern an euch gewandt oder ist es nur eine Beobachtung bzw. Erzählung, dass das Kind sich so verhält? Habt ihr es selbst beobachtet? Habt ihr herausgefunden, weshalb der I-Helfer in den Pausen das Kind nicht beaufsichtig? Offensichtlich treten diese Verhaltensauffälligkeiten und er Pause auf? Wie schaut der Schulalltag des Kindes aus? Nimmt er "normal"  Unterricht teil? In welche Situationen scheitert seine Inklusion? Nur in den Pausen, ggf. im Unterricht und was sind da die Ursprünge? Mir fallen noch mehr Fragen ein, Du siehst, da gehört wesentlich mehr, als sich mit der Mama mal hinzusetzen und diskutieren zu wollen.  :-\ Ich unterstelle ihr, unbekannterweise, absolutes Interesse an dem Kind. Letztendlich hat sie das bestmögliche versucht zu schaffen und ein I-helfer organisiert. Das ist schon hammer schwer.  :-\ Und noch was, nur als Denkanstoß: was mein Kind in der schule macht, kann ich nur bedingt beeinflussen. Da ist das Kollegium gefragt, sie müssen sich einiges überlegen, wie sie dieses Kind am besten integrieren. Wenn sich mein Kind in der Schule daneben verhält, dann fühle ich mich als Mutter oft einfach mitschuldig, obwohl das idiotisch ist. Ich kann nichts dafür. Ganz einfach. Und bin jedes Mal erleichtert, wenn mir die Lehrer und der I-Helfer das auch bestätigen. Sie erzählen mir über den Alltag, über Fortschritte und auch Situationen die weniger schön sind, teilen mir ihre Vorschläge, neue Ideen mit. Es ist nie ein Vorwurf, sondern einfach eine Information. Ich finde, es kommt wirklich auf eine gute "Mitarbeit" zwischen Lehrer, I-Helfer und Eltern an. Das ist nämlich Inklusion und nichts anderes. Dazu gehört natürlich eine gewisse Information der Kinder, keine Frage. Aber eben kindgerecht, ohne die Persönlichkeitsrechte des betroffenen Kindes zu verletzen. Bist du dir absolut sicher, dass das nicht statt gefunden hat?
Ah und noch was: Geduld. So blöd wie das auch ist, aber das Kind kann schlicht nichts für seine Problematik. Wer weiß, was überhaupt dahinter steckt. Es sind die Erwachsenen die Fehler gemacht haben, nicht er. Allein die Tatsache, dass er in den Pausen nicht beaufsichtigt wird, das muss umgehend geklärt werden.

Bei uns ist auch ein Junge mit sehr grosse Verhaltensauffälligkeiten. Sehr, sehr [Login or Register] gibt Kinder die wegen ihm nicht mehr in die Schule wollen. :-\ Eltern, die sich zurecht beschweren. Aber, die Lehrer sind nicht untätig, sie handeln. Täglich.
Eigentlich gibts insgesamt 3-4!! Kinder mit solche Problemen. Mein Respekt den Lehrer, die Geduld und Motivation aufzeigen, und bis jetzt nicht aufgegeben haben.

Flower Eight Revival

#13
Ach so, vergessen: bei uns läuft es wie von Niolanta beschrieben.  :) Die Mehrinformationen haben die einige Eltern (sind mittlerweile befreundet) von mir auf freiwillige Basis erhalten. Und natürlich auch nur das was ich bereit bin zu erzählen. Über den Rest können und dürfen sie natürlich rätseln, ich bin nicht verpflichtet die Krankenakte meines Kinder zu veröffentlichen. Die Lehrer dürfen sich schon aus Datenschutzgründen nicht mit andere Eltern über ein anderes Kind unterhalten. das hätte nämlich juristische Folgen für sie.