Frech und respektlos

Begonnen von dinobett, 23. Januar 2012, 16:33:49

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dinobett

Hallo Forumsteilnehmer,
wir wissen mit unserer Tochter (9) nicht mehr weiter.
Sie ist seit ca. 3 Monaten total frech zu uns, zu ihren (wenigen) Freundinnen, zur Oma usw.
Sobald etwas nicht klappt sind immer die anderen schuld.
Sie versteht etwas in der Schule nicht, die Lehrer sind schuld.
Das fahren mit dem neuen Rad funktioniert nicht auf sofort, das rad ist doof.
Die anderen Kinder wollen nicht das spielen worauf sie gerade Lust hat, die Kinder sind doof.
Wenn wir für die Schule üben erklären wir natürlich alles falsch.
Das endet dann immer damit das sie an zu weinen fängt und uns teilweise wirklich beleidigend anschreit.
Meist schreie ich dann zurück und der Haussegen hängt schief.
Mittlerweile hat sie es geschafft das meine Frau und ich uns fast jeden Tag wegen dem Kind streiten und ich lieber länger arbeite als nach hause zu kommen.
Auf dem Schulweg redet sie kein Wort mit mir. Selbst verabschieden tut sie sich nicht.
So langsam beginne ich mein Kind zu hassen.
Das hört sich brutal an, einen anderen Ausdruck wüsste ich dafür nicht.

Honigbluete

Hört sich schlimm an, für alle Beteiligten... Ist irgend etwas passiert vor 3 Monaten? Gab es irgendeine Veränderung bei euch? Hört sich für mich auch so an, als wäre deine Tochter überfordert/unglücklich mit ihrer Situation und findet keinen Weg, das anders ausrudrücken  :-\ :-[ Gibt es Momente, in denen ihr in Ruhe und Vertrauen reden könnt? Oder eine Tante/Oma/erwachsene Freundin, der sie sich anvertrauen kann? Ansonsten vielleicht ein Termin bei der Erziehungsberatung, ich habe da sehr gute Erfahrungen gemacht, da wurden sehr direkte Fragen gestellt, die schnell gezeigt haben, wo das Grundproblem bestand...

Viel Glück und gute Nerven!

Eiszapfen

Mir ging auch eben durch den Kopf: Setzt Euch mal ganz in Ruhe zusammen. Oder beim Couchkuscheln, vielleicht so eine relaxte Runde mit Knabberkram. Und dann frag sie, was denn diese Kontrahaltung bei ihr auslöste.

Vielleicht nervt sie auch nur grundlos alles, sozusagen ein Vorgruß der Pubertät? Oder es nagt was ärgeres in ihr.

Viel Glück!

zuz

Hm, wenn Ihr ausschließen könnt (das würde ich aber auf alle Fälle tun!!), dass etwas passiert ist, dann würde ich auch auf Pubertätsvorboten tippen. Es klingt, als wäre sie grad gar nicht mit sich im Reinen, könnte sich selbst nicht leiden und würde sich nur wenig zutrauen. Was sie dann braucht, sind Eltern, die trotz Pubertätssturm das Schiff sicher steuern können und ihr den Weg weisen.
Einige Dinge muss man sicher hinnehmen, kann sie aber kommentieren: Wenn sie nicht redet, kann man ein Gesprächsangebot machen, nachfragen, was sie interessiert oder auch einfach von sich erzählen. Steigt sie auf gar nichts ein, kann man das bedauern, ohne es zu dramatisieren. Und wichtig: Aufpassen, dass sie das Gesicht wahren kann! Mach es ihr leicht, einen Ausweg zu finden, z.B.: Schade, dass Du jetzt nicht reden willst. Naja, vielleicht bist Du einfach noch müde und hast später mehr Lust." Und fertig.
Manche Sachen gehen natürlich nicht. Wenn sie schreit, würde ich ganz ruhig sagen: Ich möchte nicht angeschrien werden. Schreit sie weiter, wiederholen und sagen, dass Du leider gehen musst, wenn sie weiter schreit. Gleichzeitig fragen, ob Du ihr irgendwie helfen kannst. Klappt das nicht: das Zimmer verlassen, nicht mehr groß kommentieren, höchstens: Schade, dass Du noch schreien musst, dann muss ich jetzt leider gehen. Wichtig ist, dass es ehrlich bedauernd klingt, nicht zynisch.

Das mit dem Schuld auf andere schieben ist oft ein Selbstschutz. Wenn das Rad schuld ist, dann kann es nicht an ihr liegen. Dahinter steckt die Angst, nicht gut genug zu sein. Da hilft vielleicht ein Angebot: Sollen wir mal zusammen schauen, woran es liegen könnte/wie es besser gehen könnte? Und auch eine Selbstoffenbarung: Dass man vielleicht auch Schwierigkeiten mit dem Rad fahren hatte, in der Schule nicht gleich alles verstanden hat. Dass die meisten Dinge im Leben mit sehr, sehr viel langweiligem Üben verbunden sind. Dass man ihr aber zutraut, es dann zu schaffen.

Stellt Euch hinter sie, sie mag sich grad selbst nicht, da ist es doppelt schlimm, wenn Ihr sie auch noch ablehnt. Wie gesagt, Verhalten kann man natürlich kommentieren und sich verbieten, aber nur, wenn dahinter eine echte Wertschätzung Eures Kindes steht. Fragt Euch mal, wie ihr ihr in solchen Situationen eigentlich grad klarmacht, dass Ihr sie lieb habt. Für sie ist das ganz, ganz wichtig - und für Euch auch, denn nur so kann sich Eure Beziehung und auch ihr Verhalten wieder normalisieren. Macht ihr klar, dass ihr ihr gerne helft, zeigt Verständnis, wenn sie grad mutlos ist, und zeigt ihr erst dann, wo Eure eigenen Grenzen sind.

LG, zuz