Völlig verzogene Schwester

Begonnen von HannahW, 19. August 2009, 10:20:03

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HannahW

Hallo! Ich bin zwar (noch) keine Mutter, habe aber ein Problem mit meiner pubertierenden Schwester, und hoffe hier trotzdem Tipps zu bekommen.

Ich (23) bin vor 4 Jahren nach dem Abi ausgezogen um in einer anderen Stadt zu studieren. Nun bin ich fertig, schreibe meine Diplomarbeit aber bei einer Firma in meiner Heimatstadt, und wohne daher für die 6 Monate wieder im Elternhaus. Ich habe eine kleine Schwester, die 16 Jahre alt ist.
Als ich vor 4 Jahren ausgezogen bin war sie ein nettes kleines Mädchen, seitdem ich zurück bin, wohne ich Tür an Tür mit einem Monster. Rücksichtslos, egoistisch, beleidigend, grenzenlos eitel, selbstverliebt, an nichts außer Geld, ihrem Ruf, Markenkleidung und Schminke interessiert.
Sie hat mittelschwere Akne, was sie dazu veranlasst, jeden Morgen 3 Stunden das Bad zu belegen, um ihr stundenlanges Beautyprogramm abzuspielen. Ohne eine dicke Schicht Make-up kommt sie nichtmal zum Frühstück. Jeden Tag nervt sie mich und meine Eltern mit stundenlangem Klamotten-anprobieren, zu dem wir dann alle 5 Minuten unsere Meinung sagen müssen (Welche Ohhringe sehen besser aus, welches Kleid sieht besser aus?). Und das, obwohl sie nur einen DVD Abend mit Freunden macht.
Abends wieder das selbe Programm im Bad, keiner außer ihr kann zwischen 8 und 11 Uhr ins Bad. Mein Vater ist schon ins Gästebad umgezogen weil er es nichtmehr aushält, aber meine Mutter und ich haben all unsere Sachen im großen Bad.

Nett ist sie nur, wenn sie etwas will (zum Reiten gefahren werden, oder das man Fotos von ihr macht). Ihre Sommerferientage verbringt sie damit, Fotos von sich selbst per Photoshop zu bearbeiten und auf ihre Schülervz-Internetseite zu laden um ihr Image zu pflegen. Sie bezeichnet sich selbst als "Reiche Göre", und genießt es in ihrer Klasse so genannt zu werden. Meine Mutter darf sie nur mit dem dicken Firmenwagen meines Vater von der Schule abholen, damit ihre Mitschüler den Uralten VW Bus nicht sehen, den meine Mutter fährt.

Ich verstehe die Welt nichtmehr. Meine Eltern leiden sehr unter ihr, jeden Tag gibt es Stress bis wieder einer weint. Ich weiß nicht was meine Eltern falsch gemacht haben bei ihrer Erziehung, aber ich befürchte das sie ihr neugewonnens Einzelkinddasein dazu genutzt hat, meine Eltern völlig in die Hand zu bekommen. Ihr wird kaum mehr etwas verwährt, ihr Taschengeld hat extreme ausmaße angenommen, am 3. Tag eines Monats ist sie pleite und muss sich Geld bei meinen Eltern erbetteln. (Das kann sie gut, meine Eltern geben immer nach).
Sie ist unverschämt und herablassend. Als meine Mutter sie mal um einen winzigen Handschlag im Haushalt gebeten hat, brüllte sie:" Das Putzen ist ja wohl deine Aufgabe als Mutter. Hättest dir ja keine Kinder anschaffen müssen. Ich habe besseres zu tun." Dabei hängt sie den ganzen Tag in den Ferien vor dem Computer und tut nichts.

In der Schule ist sie extrem ehrgeizig, ist Klassenbeste und hat viele Hobbies. Nur stresst sie alle um sich herum und vor allem ihre Familie mit ihrem Perfektionsanspruch. Sie steht um 5 uhr 30 morgens auf, um 2 Stunden fürs Schminken und herrichten vor der Schule zu haben. Währenddessen werden alle angebrüllt die ihr in den Weg kommen, ihr lautes Trampeln weckt jeden im Haus auf. Sie schafft es nie rechtzeitig zum Zug (wir wohnen auf dem Land), sodass meine Eltern meist 5 min von der Tür aus hochbrüllen müssen, dass sie endlich kommen muss weil sie sonst zu spät zur Schule kommt.

Ich weiß nicht mehr was wir machen sollen. Mich nervt es mittlerweile den ganzen Tag (kann große Teile der Diplomarbeit in Heimarbeit erstellen), auch meine Mutter steht unter Dauerstress.

Ich weiß, ich bin nicht ihre Mutter und ich sollte mich nicht einmischen, aber es macht mich wahnsinnig, wie frech und selbstsüchtig sie ist. Meine Mutter droht ihr oft mit Konsequenzen, wenn sie mal wieder völlig ausflippt, aber zieht sie dann nie durch. Meine Schwester weiß das und nutzt es aus.
Wie kann ich meiner Mutter helfen, das Ruder wieder in die Hand zu nehmen?

zwillingstierchen

#1
Hi!

Das kommt mir alles soooooo bekannt vor. :P Ich bin mit 19 zu Hause ausgezogen. Meine Schwester ist sieben Jahre jünger als ich und war ein zwar freches, aber umgängliches Kind bis ich ausgezogen bin. Mit 16/17 war sie nicht mehr zu bändigen, terrorisierte meine Eltern mit ihrem Egoismus und ihren permanenten Ansprüchen.
Nach langen Analysen gab es für mich folgende Erklärungsansätze:

1. Ich war fast sowas wie eine Zweitmutter für meine Schwester. Plötzlich war ich nicht mehr da, meine Eltern mussten sich komplett selbst um sie kümmern und merkten "HUCH! Wir haben ja noch ein Kind..."

2. Meine Eltern hatten nicht so viel Zeit wie sie hätten haben müssen und kompensierten das mit Konsum und Materiellem.

3. Meine Schwester war das letzte Kind, das Nesthäkchen. Da hatte man nicht mehr die Kraft für anstrengendes Erziehen und wollte ja - ist ja schließlich das letzte Kind- auch mal verwöhnen und genießen.

Tja Effekt davon: meine Schwester wurde enorm egoistisch und rücksichtslos. Meine Eltern ließen ihr alles durchgehen. Meine Schwester ist in allem was sie tut sehr ehrgeizig und auch immer sehr gut. Klassenbeste, Studienjahrgang die Beste. Allerdings hat sie kein Durchhaltewillen. Sie bricht alles was sie anfängt ab. Kein Bock auf ihren Studiengang- abgebrochen. Das Doppelstudium danach hat sie nicht genug gefordert- abgebrochen kurz vorm Examen. Jetzt hat sie die Ausbildung zum gehoibenen Polizeidienst angefangen. Ist Jahrgangsbeste ohne Probleme. :P

Tja, ich schätze, sie wird zurecht kommen, irgendwie. Ob sie jemals als MENSCH wirklich glücklich wird weiß ich nicht, denn sie eckt oft an, hat Probleme Freundschaften zu halten, sich viele Feindschaften aufgebaut.

Nachdem sie ausgezogen ist und in eine Stadt 100 Kilometer weiter wurde die Situation für alle etwas entspannter aber gut ist es noch lange nicht. Meine Schwester ist heute 24 und terrorisiert meine Eltern immer noch. Geld ist ständig alle, sie droht ihre Ausbildung abzubrechen, wenn meine Eltern sie nicht unterstützen, Auto bezahlen etc.

Was wir hätten besser machen können? Ich hätte nicht einfach ausziehen dürfen und sie "zurücklassen" Ich hätte mich weiter um sie kümmern müssen. Hätte weiter in ihrem leben eine wichtige Rolle spielen müssen. Meine Eltern hätten konsequent sein müssen, wahrscheinlich noch viel konsequenter als bei mir, bewusst konsequenter, weil man einem Nesthäkchen ( oder Nesthaken) eben sowieso intuitiv mehr durchgehen lässt und weniger Kraft für die Erziehungsleistung hat.

Letztendlich ist es auch egal was man tut, denn man liebt sie so oder so. Egal, wie sehr sie einen den Verstand kostet: Sie bleibt die kleine Schwester und zumindest bei mir gilt, dass ich mich jederzeit bedenkenlos für sie in die Schussbahn werfe.

Ich weiß, dass ich dir nicht viel geholfen habe mit dem Posting aber vielleicht ist es eine Erleichterung zu sehen, dass ihr mit dem Problem nicht allein seit.

LG patty



Erziehung ist im wesentlichen das Mittel, die Ausnahme zu ruinieren zugunsten der Regel.