Mein Sohn hält sich nicht an das Besprochene, bezogen auf Lernen und Schule

Begonnen von Einfacher Papa, 13. Mai 2012, 09:47:16

« vorheriges - nächstes »

Einfacher Papa

Hallo Zusammen,

oft sucht man sich Rat wenn es mit den eigenen Methoden nicht weiter geht. So auch ich als neues Mittglied des Forums...
Mein Sohn ist 10,5 und geht in die 5. Klasse ins Gymi.
Seit Wochen streiten wir über das lernen. Er ist sehr intelligent, und hat in der Zeit von der 1.-4. Klasse nicht lernen müssen. Jetzt fängt es an das er es muss.
Wir besprechen wie, oft hat er auch schon auf seinem Zettel aus der Schule den Hinweis wie der Stoff sitzen muss...und dann geht er in sein Zimmer und liest rum, teilweise holt er sich auch andere Bücher und macht nicht das was wir besprechen.
letztes Beispiel, war seine Geo Arbeit. Die Woche von Montag bis Freitag jeweils für 1,5 Stunden nach der Schule "gelernt" aber am Wochenende abfragen nichts im Kopf. Am Sonntag zusammen rausgefiltert was wichtig ist, aufgeschrieben und gesagt die zwei Seiten bitte dann am Montag für den Test am Dienstag lernen. Am Montag war dann Nintendo spielen wichtiger.
Meine Frau und ich sind beide Berufstätig so dass er mittlerweile nach der Schule nachhause kommt und alleine von 14-16:30 ist, so dass wir nicht immer überprüfen können was er macht.
Das ging di letzten Wochen soweit das er mittlerweile Verbote auf alles hat, vom Fernsehen, über Nintendo, PC oder sonstiges. Am besagten Montag war das Nintendo leider nicht dort versteckt wo sonst immer so da er darüber gestolpert ist...
Er nimmt seine Strafen einfach an, und bemüht sich seine Freizeit mit rumlungern auf dem Sofa und lesen zu überbrücken.
Jetzt haben wir ein paar Tage nach langen Gesprächen ( und dem gewonnenem Eindruck das er begriffen hat das er sich auch ein wenig Mühe geben soll für die Schule) die Verbote gelockert, im sein Freiraum gegeben, Treffen mit Freunden etc... um Ihn gestern zu bitten für eine Stunde Französisch Vokabeln zu üben und abzuschreiben...Nach 1,5 Stunden kam er mit einer halben DIN  A4 Seite und auf seinem Sofa lag "Greg´s Tagebuch"...
Ich war in Rage, habe die Beherrschung verloren, war laut, aber ich denke das es nichts gebracht hat...
Ich bin am Ende mit meinem Latein und würde um Hilfe bitten, wenn jemand diese bieten kann...
Danke im Voraus an alle die etwas Vernünftiges beitragen können

BiDi

Sind seine Noten denn sooo abgesackt, das die Versetzung gefährdet ist? Das sie nach dem Wechsel von der Grundschule auf's Gymnasium absacken, halte ich für völlig normal. Gymnasium ist halt ein komplett anderes Herangehen an den Lehrstoff.

Ausserdem ist mir aufgefallen, das ihr ein extrem hartes, aber ineffizientes  Lernprogramm fahrt. Wenn Dein Sohn eine Woche lang jeden Tag 1,5 Stunden zusätzlich zu den Hausaufgaben lernen muss und dann nix hängen bleibt, läuft was schief. Und 1,5 Stunden sind ein Batzen, da hätte ich auch keine Lust überhaupt anzufangen.

Ihm jeden Aspekt von Entspannung und Abschalten zu streichen, halte ich für grundverkehrt. Zum effizienten Lernen gehört das unbedingt dazu. Vielleicht klappt es besser, wenn er die Zeit von 14.00 - 16.30 zum Entspannen hat und ihr Euch danach für 'ne halbe Stunde zusammensetzt und den Stoff durchgeht.

Grüsse
BiDi
Mattis: * 3.2004
Moritz: * 4.2005

Merja

Ich vermute, dass er nicht weiss -wie- er lernen soll. Ich hab das damals erst im Studium herausgefunden und mich bis Ende der Schulzeit ohne sinnvolles System durchgebracht. Ich würde vorschlagen vielleicht mit einem Karteikartensystem anzufangen denn das könnt ihr gut nachvollziehen. Also erstmal alles auf Karteikarten bringen in kleinen Häppchen und diese dann abfragen. Was sitzt kann aus dem Stapel herausgenommen werden, so wird der Stapel immer dünner... . Das ist nur eine Methode von vielen aber ganz ohne ist es schwierig. Und eine Zeit vorzugeben finde ich auch sehr demotivierend. Wenn er seine Lernzeit am geschafften "Können" festmacht ist das weitaus motivierender (z.b. eben 3-4 Karteikarten pro Tag neu lernen plus alle alten wiederholen).

Oder wenn man inhaltlich vorgeht, dann kann man den Stoff in Aspekte aufteilen und sich jeden Abend einen Sachverhalt vom Sohn erklären lassen. Sind dann noch Lücken vorhanden muss dieses Thema am nächsten Tag noch zum Neuen dazu genommen werden.

Es gibt viele Möglichkeiten aber nur über dem Hefter zu brüten ist eine ganz schlechte. Im schlimmsten Fall geht das Wissen nur ins Kurzzeigedächtnis (wenn überhaupt), wird aber nicht verstanden.
Mit Tochter (7 Jahre) und Sohn (Julibaby 2012)

Bettina

1,5 Stunden jeden Tag ... zusätzlich zu den Hausaufgaben .... das ist wirklich Hammer viel. Ich kann mich nicht erinnern in meiner ganzen Schulzeit jemals so viel gelernt zu haben. Also zeitlich zusätzlich zu den Hausaufgaben. Runter kommen, Ausgleich haben, zufrieden sein, das ist so wichtig. Sei froh, dass er viel liest und Spaß dran hat.

Leider gehört wohl auch mal "auf die Nase fallen" mit dazu  :-\ :P.
4+1 x Glück: 02/1998; 09/1998; 07/2006; 09/2008; 08/2011

Ann Kathrin Klaasen:"Ich hatte schon Freunde, da gab´s noch gar kein Facebook." Wolf:Ostfriesen-Feuer

Sisam

Hallo Einfacher Papa,
Herzlich willkommen hier im Forum. :)

Zitat von: Einfacher Papa am 13. Mai 2012, 09:47:16
Er ist sehr intelligent, und hat in der Zeit von der 1.-4. Klasse nicht lernen müssen. Jetzt fängt es an das er es muss.
Intelligenz ist kein Gesamtpaket, sondern setzt sich zusammen aus verschiedenen Teilbegabungen, mit denen aber auch Teilschwächen einhergehen können. Wenn er von der 1. – 4. Klasse nie lernen musste, hat er bisher das ,,Lernen" auch nicht lernen müssen. Und die Zeit, wo er diese Schwäche durch Intelligenz kompensieren konnte scheint vorbei zu sein.
Lernen ist ein ganz individueller Prozeß und er muss seine persönlichen Lernstrategien entwickeln. Dabei braucht er Eure Unterstützung, denn er ist noch ein Kind.
Andere entwickeln Lernstrategien bereits in der Grundschule, aber wenn das bis dato nicht notwendig war, ist es halt jetzt dran. Ich kenne das sehr gut von meinem Sohn, der mit seiner Intelligenz in der Grundschule alle um den Finger gewickelt hat und bei allen Unzulänglichkeiten wurden liebevoll die Augen zugedrückt. Das war gar nicht hilfreich, ist aber nun mal so, und nun müssen wir sehen, was wir daraus machen.

Lernstrategien entwickeln setzt an den Begabungen des Kindes an. Guckt genau hin, wo Euer Sohn Erfolge erzielt und versucht das auf andere Bereiche umzusetzen. Mein Sohn dichtet z.B. gerne und gut. Der hat dann auch schon mal Bundesländer und Hauptstädte in ein Gedicht umgesetzt und es auf diese Weise verinnerlicht, weil er die Reime locker aus dem Speicher abrufen kann. Wer gut Gehörtes speichern und wieder abrufen kann, sollte den Lernstoff laut aufsagen, wer eine gute bildliche Wahrnehmung hat, kann den Inhalt eines Lerntextes in Form einer Mindmap gliedern und sich dadurch in Erinnerung rufen. Da muss man dann mit viel Phantasie rangehen.
Mit dem Karteikasten-Prinzip (siehe Merjas Beitrag) habe ich auch sehr gute Erfahrungen gemacht.
Und jede Strategie, die nicht greift: rausschmeißen – auch wenn alle anderen es so lernen.

Zitat von: Einfacher Papa am 13. Mai 2012, 09:47:16Meine Frau und ich sind beide Berufstätig so dass er mittlerweile nach der Schule nachhause kommt und alleine von 14-16:30 ist, so dass wir nicht immer überprüfen können was er macht.
Wenn die Rahmenbedingungen so fest stehen, kann man auch schon eine Menge über die Einstellung dazu verändern.
Ich schließe mich mal meinen Vorschreiberinnen an, dass Erholungs- und Entspannungszeit unendlich wichtig ist.

Wie ich es herauslese, ist es im Augenblick so, dass er in der Zeit, in der er alleine ist, lernen soll, die Zeit nutzen soll, was ihm aber nicht gelingt. So ,,verdaddelt" er die Zeit, kann sie aber sicher nicht entspannend empfinden, weil er immer im Hinterkopf hat, dass er eigentlich lernen müsste und es abends wieder Ärger mit den Eltern gibt.

Und Ihr kommt von der Arbeit in der Hoffnung, dass er seine Aufgaben erledigt hat und seid jedesmal aufs Neue enttäuscht, evtl. wütend.

Versucht es mal mit einer anderen Betrachtungsweise: Die Zeit nach der Schule gehört Eurem Sohn allein, da kann er machen, was er möchte, niemand erwartet etwas von ihm und er kann voll entspannen.

Und später dann, wenn Ihr da seid und ihn unterstützen könnt, geht es an's Lernen mit einem klaren Vertrag auf Gegenseitigkeit: Ein Elternteil nimmt sich eine halbe Stunde ungeteilte Zeit nur für das Kind um es beim Lernen zu unterstützen und mit ihm gemeinsam Lernstrategien zu entwickeln und erproben. Im Gegenzug verpflichtet sich das Kind, diese halbe Stunde konzentriert mitzuarbeiten. Dies sollte auch wieder an den Familientisch zurückgeholt werden, damit das Kinderzimmer als Schlaf- und Rückzugsraum frei ist von sorgenvollen Gedanken.

Das hört sich jetzt vielleicht erstmal anstrengend an, aber das, was Du beschreibst ist ja auch anstrengend.
Und ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich sehr schnell die Stimmung zum Positiven wendet, weil keine Erwartungen der Eltern enttäuscht werden (wenn sie nicht erwarten, dass das Kind das alleine hinbiegt) und das Kind sich mit seinem Problem ernstgenommen und nicht alleine gelassen fühlt. Und das durchbricht den Kreislauf von Lernstörungen und Unlust.

Alles Gute auf Eurem Lernweg wünscht
Sisam
früher: Sisamlimamzuri, die Unaussprechliche ;D
Wer den Kopf in den Sand steckt, hat schlechte Aussichten ;)

zuz

Kann voll bei Sisam unterschreiben. Toller Beitrag!

Es gibt ganz, ganz viele Lernwege. Die meisten davon wurden zu unserer Zeit noch nicht gelehrt, leider. Ich würde Euch mal ein Lernen lernen Seminar empfehlen. Dort lernt man, wie man z.B. Vokabeln lernen kann, ohne sie stumpf in ein Heft oder auf Karten zu notieren - davon lernt man nämlich überraschend wenig.

Dass Euer Sohn gelernt hat, dann aber nichts mehr wusste, spricht dafür, dass er keine geeigneten Lernstrategien kennt. Da sollte unbedingt angesetzt werden.

E-V-A

Hallo!
Wir stehen nun auch vor so einem ähnlichen "Problem" bzw. wissen nicht so recht, was auf uns und unseren Sohn zukommt... In der Grundschule musste er bisher nicht wirklich lernen und hat nun auch eine Empfehlung fürs Gymnasium bekommen :-) Allerdings wissen wir auch, dass dort mehr Eigenintiative gefordert wird - was überhaupt nicht seine Stärke ist - ganz nach dem Motto: nur das Nötigste...  S:D

Ich bin aber auch der Meinung: Die Zeit, die euer Sohn alleine Zuhause ist, sollte er auch für sich alleine nutzen - lesen, Freunde treffen, usw. - Fernsehen / Nintendo und so muss aber auch nicht unbedingt in der Zeit sein! Das gibt es bei uns nur am Wochenende...

Wenn ihr dann Zuhause seid, solltet ihr euch zusammen mit eurem Sohn hinsetzen und erstmal gemeinsam herausfinden, wie er lernen kann bzw. welches lernen an effektivsten für euren Sohn ist. Ich denke auch, dass da 15-30 Min pro Tag reichen - lieber regelmäßig und etwas kürzer, als einmal 2 Std. - ich denke, dass man da auch motivierter bleibt :-)

Hoffe, ich konnte etwas helfen