Zensur in Kinderbüchern

Begonnen von Barbia+LuJo, 15. Januar 2013, 10:49:22

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Nicole+Ana

Zitat von: Mondlaus am 15. Januar 2013, 12:37:31
Und zum Thema, kennt schon jemand das diesjährige Unwort des Jahres? "An sich" auch kein schlimmes Wort, aber der Kontext macht es zu einem zynischen Unding. :P

Welches ist denn das Unwort des Jahres?


Zum Thema: Ich bin gegen eine Überarbeitung/Zensur von Kinderbüchern. Literatur ist ja - wie es Anja ja schon so schön gesagt hat - immer auch ein Spiegel des jeweiligen Zeitgeistes. Und man darf sich durchaus auch mit kritischen Texten auseinandersetzen anstatt ein paar Jahre später alles schön zu editieren.

Ich mag Pipi Langstrumpf nicht besonders, daher war ich noch nicht in der Verlegenheit mir beim Vorlesen über das Wort "Neger" Gedanken machen zu müssen......die Idee, das Wort einfach wegzulassen, finde ich daher ganz ok. Im Vorlesealter sind die Kinder geistig noch nicht so reif um zu verstehen, dass das Wort im Buch ok ist, weil es eben zu einer anderen Zeit geschrieben wurde, man es aber heute nicht mehr verwendet, weil es zu negativ ist.


Solar. E

Ich denke, wenn man ältere Literatur schon überarbeitet, dann sollte das mit Fingerspitzengefühl geschehen - eben so, dass heutzutage indiskutable Begiffe, die man nicht mehr verwenden sollte, rausschreibt ohne den Inhalt oder den Zauber der Geschichte zu verfälschen.

Habt ihr mal Nesthäkchen gelesen? Die dort vorkommenden Erziehungsmethoden sind heutzutage auch nicht mehr salonfähig  ;) aber das ganze abzuändern würde die Geschichte in meinen Augen zu arg in ihrem Charakter verändern.

Sorry, ich weiß es gerade nicht besser auszudrücken.

scarlet_rose

was haltet ihr in dem Zusammenhang eigentlich von "das kleine Gespenst"?
ich muss zugeben, beim ersten Vorlesen hat es mir schon irgendwie bitter aufgestoßen. Nach dem zweiten mal vorlesen war mir klar,dass dieses Buch aus dem Kinderzimmer verschwindet.
klar geht es auch um die Verwandlung und die ist Grund, warum das Schwarzsein so negativ ist. ABER Formulierungen wie "alle Menschen haben Angst vor einem schwarzen Scheusal" oder Dinge in die Richtung..auch, dass die weißen Augen in einem schwarzen Gesicht abscheulich aussehen...nein, das geht wirklich gar nicht  :-X
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schwalbe

aber Tatsache ist, dass es eben so ist, dass alle Menschen eher Angst vor schwarzem haben. Also z.B. auch vor schwarzen Hunden. Und das ist nicht nur in der Hellhäutigen Welt so. Also die Farbe Schwarz ist immer schon unheimlich, dunkel gewesen. Wie die Nacht eben. Das hat für mich nichts mit Rassismus zu tun. Anders wäre es, wenn von braunen Menschen gesprochen würde, vor denen alle Angst haben. Das keine Gespenst ist genauso eine fiktive Figur wie eine zaubernde Hexe.
zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen, Wurzeln und Flügel (Goethe)

scarlet_rose

Beide sind fiktiv, ja. Aber das kleine Gespenst greift ein reales Motiv auf und toleriert UNd unterstützt es. Es wird als richtig und gerechtfertigt dargestellt, Schwarze gestalten (und das kleine Gespenst ist hier ja sehr sehr vermenschlicht) zu meiden und zu fürchten, noch weiter, sie als Scheusal zu bezeichnen. Im laufe der gescheite ist nicht mehr die Tatsache ein Drama, dass er Tags wach sein muss, sondern,dass er schwarz ist. Schwarze Gesichter sind abscheulich usw....
Hexen gibt es nicht wirklich. Wenn man also sie als furchterregend darstellt, ist da kein Rassismus dahinter. Schwarze Gesichter (und es wird oft ganz deutlich von schwarzen Gesichtern geredet) gibt es wirklich!
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A.n.j.a

Sehe das genau wie Schwalbe.

Und auf die Gefahr, dass das jetzt falsch rüberkommt: selbstverständlich gibt es einen Unterschied zwischen hell- und dunkelhäutigen Menschen. Nämlich die Hautfarbe.

Und es gibt tatsächlich Kinder wie Erwachsene buchstäblich beider Couleur, die die jeweils andere Hautfarbe noch nie live gesehen haben. Das ist weitaus bedenklicher, wenn da also keinerlei Einordnung möglich ist.

Ich finde eine Sensibilisierung z.B. beim Vorlesen à la 'Neger ist kein nettes Wort für Menschen mit dunkler Haut' weitaus sinnvoller als das Ändern von Büchern.


Cloedje

@Bettina: Ja da hast du wohl recht, das mit dem Umschreiben von Kinderliedern. Dieses Beispiel ist mir nur noch nie untergekommen.

@Mondlaus
ZitatJa, finde es auch super, dass man es nicht einfach so hinnimmt und sagt, war doch schom immer so, kann also nicht falsch sein!

Ich beziehe das jetzt einfach mal auf mich. Nein so sehe ich es nicht. In dem Fall ist mir lediglich das Beispiel unbekannt. Ich muss ja auch nicht jedes Kinderlied und jeden Kindervers auf dessen politische Korrektheit überprüfen, aber ich kann es durchaus nachvollziehen, wenn der eine oder andere Vers einen neuen Text bekommt!

Mag sein, dass ich das Wort Etymologie in diesem Zusammenhang falsch verwendet habe, aber ich habe auch geschrieben, dass wir an dieser Etymologie eines jeden Wortes, sprich an dessen Sprachgeschichte, teilhaben können und sollten. Ich denke schon, dass das Wort in anderen Ländern neutraler betrachtet wird.

Alte Kinderbücher sind Dokumente ihrer Zeit und wichtige Zeitzeugen. Sie sollten nicht verändert werden, finde ich. Wenn wir dort anfangen, dann kann das weite Kreise ziehen und bei Nesthäkchens Erziehungsmethoden enden *zuSolarschiel*.

zuz

Ich finde es auch richtig, dass es geändert wird. Der Begriff wirkt nun mal heute beleidigend, und genauso wie ich meine Kinder so lang es geht von F-Wörtern u.ä. fernhalte, will ich eben auch nicht, dass sie "Neger" als Wort kennen, weil die Verwendung heute immer beleidigend wäre.

Scarlet: Stimmt, das mit dem Gespenst ist mir auch aufgefallen. Ich habe auch drüber nachgedacht, aber der Kontext ist ja eindeutig, dass ein Gespenst nun mal weiß ist. Ich glaube, das ist Erwachsenendenke, dass Kinder das auf Menschen übertragen. Ist es nicht eher so, dass da das ganze Thema "Angst im Dunkeln" aufgegriffen wird? Das liegt in dem Zusammenhang für mich irgendwie näher, damit wird gespielt.
Ich würde z.B. einen Hund auch bedenkenlos als "schwarzes Scheusal" bezeichnen.  :P

redheart

Unwort des Jahres ist Opfer-Abo :)



Brains are wonderful, I wish everyone had one.

Solar. E

Zitat von: zuz am 15. Januar 2013, 13:59:36


Scarlet: Stimmt, [...] aber der Kontext ist ja eindeutig, dass ein Gespenst nun mal weiß ist. Ich glaube, das ist Erwachsenendenke, dass Kinder das auf Menschen übertragen. Ist es nicht eher so, dass da das ganze Thema "Angst im Dunkeln" aufgegriffen wird? Das liegt in dem Zusammenhang für mich irgendwie näher, damit wird gespielt.


So seh ich das in dem Fall auch - und um ehrlich zu sein wäre selbst ich als Erwachsene nie auf die Idee gekommen, das auf Menschen zu übertragen. Ich denke, dann tun Kinder das doch erst recht nicht.  :)
Vielleicht bin ich ja wirklich naiv oder gedankenlos (das Gefühl hab ich manchmal, wenn hier Dinge thematisiert werden, auf die ich im Leben nicht gekommen wäre) und ich mein das auch nicht blöd oder persönlich, aber:
ich finde, heutzutage wird ganz allgemein viel zu schnell hinter jeder Ecke der böse Hintergedanke gewittert, der vielleicht gar nicht da ist  :-\

Mondlaus

Zitat von: zuz am 15. Januar 2013, 13:59:36
Ich finde es auch richtig, dass es geändert wird. Der Begriff wirkt nun mal heute beleidigend, und genauso wie ich meine Kinder so lang es geht von F-Wörtern u.ä. fernhalte, will ich eben auch nicht, dass sie "Neger" als Wort kennen, weil die Verwendung heute immer beleidigend wäre.

Scarlet: Stimmt, das mit dem Gespenst ist mir auch aufgefallen. Ich habe auch drüber nachgedacht, aber der Kontext ist ja eindeutig, dass ein Gespenst nun mal weiß ist. Ich glaube, das ist Erwachsenendenke, dass Kinder das auf Menschen übertragen. Ist es nicht eher so, dass da das ganze Thema "Angst im Dunkeln" aufgegriffen wird? Das liegt in dem Zusammenhang für mich irgendwie näher, damit wird gespielt.
Ich würde z.B. einen Hund auch bedenkenlos als "schwarzes Scheusal" bezeichnen.  :P

Das mit dem Gespenst und dem "Dunkel" hat ja nix mit der Hautfarbe zu tun, oder wird das wirklich so interpretiert?

Also ich möchte, dass Elenor das Wort Neger und ähnlich Wörter kennt. Und dazu lernt, dass es beledigend ist, und auch warum. Sie darf gerne wissen, dass es Menschen gibt, die rassistische Ansichten haben, und auch, dass diese Ansichten nicht gesellschaftstauglich sind. Allerdings kann ich das schlecht vermitteln, wenn in Büchern solche Sachen geschrieben werden wie" Nun seht einmal, wie schwarz sie sind, viel schwärzer als das Mohrenkind.". Klar könnte ich derlei Geschichten als Grundlage nutzen, die Diskussion politisch korrekt/rassistisch etc in Gang zu bringen. Aber bei uns ist Geschichte vorlesen hauptsächlich Spaß, und keine Lebenslektion. Da gehören solche Wörter einfach nicht rein.
Kind 2011
Kind 2014
...

Solar. E

Zitat von: Mondlaus am 15. Januar 2013, 15:17:28

Also ich möchte, dass Elenor das Wort Neger und ähnlich Wörter kennt. Und dazu lernt, dass es beledigend ist, und auch warum. Sie darf gerne wissen, dass es Menschen gibt, die rassistische Ansichten haben, und auch, dass diese Ansichten nicht gesellschaftstauglich sind. Allerdings kann ich das schlecht vermitteln, wenn in Büchern solche Sachen geschrieben werden wie" Nun seht einmal, wie schwarz sie sind, viel schwärzer als das Mohrenkind.". Klar könnte ich derlei Geschichten als Grundlage nutzen, die Diskussion politisch korrekt/rassistisch etc in Gang zu bringen. Aber bei uns ist Geschichte vorlesen hauptsächlich Spaß, und keine Lebenslektion. Da gehören solche Wörter einfach nicht rein.

Das ist aus dem Struwwelpeter, oder? Die bösen Buben, die zur Strafe in die Tinte getaucht werden, weil sie sich über das andere Kind wegen seiner Hautfarbe lustig gemacht haben?
Der Struwwelpeter gehört zu den Werken, die bewusst NICHT geändert werden laut unserer Tageszeitung, weil das nicht mehr unter Kinderbuch einsortiert wird, sondern für Erwachsene als Kulturgut aus einer anderen Zeit bewahrt werden soll. Neue Ausgaben werden allerdings mit einem Kommentar dazu versehen.

mausebause

@Solar.E : Eben nur noch deinen vorletzten Kommentar gelesen und dem stimme ich vollumfänglich zu!
Zudem ich als Kind selbst begeisterte Lindgren und Co Leserin war und mir NIE Gedanken um sowas gemacht habe, geschweige denn ein Vorurteilsbelasteter Mensch wäre heutzutage! Klar kann man Worte wie "Neger" umgehen, tu ich beim vorlesen auch, aber alles andere gar umschreiben?! Erschließt sich mir nicht.. :-\

Sweety

Wenn du es aber sowieso umgehst, warum dann nicht umschreiben? ;)

Ich bin da meinungsmäßig bei Anja, auch was die Sichtweise auf Pippi angeht (ich mochte dieses egozentrische Blag eh schon als Kind nicht :P ) und erst recht beim Rest.

Meinungsmäßig bin ich komplett gegen dieses Umschreiben und plädiere eher dafür, bestimmte Geschichten dann lieber später den Kindern zugänglich zu machen, als es "eigentlich" der Fall sein sollte.
Mach ich bei Grimms Märchen auch so. Diese zahnlosen Fassungen kommen mir definitiv nicht ins Haus. Allerdings werden meine Kinder die Märchen erst deutlich später zu hören kriegen als ich damals :)

Fliegenpilz

Anstrengend - und in meinen Augen eine unnötige Diskussion!
Feingefühl in der heutigen Zeit, absolut in Ordnung. Klassiker, alte Schinken, Literatur der letzten Jahrhunderte deswegen zensieren: Schwachsinn!

jewa

Zitat von: Solar. E am 15. Januar 2013, 15:58:16
Zitat von: Mondlaus am 15. Januar 2013, 15:17:28

Also ich möchte, dass Elenor das Wort Neger und ähnlich Wörter kennt. Und dazu lernt, dass es beledigend ist, und auch warum. Sie darf gerne wissen, dass es Menschen gibt, die rassistische Ansichten haben, und auch, dass diese Ansichten nicht gesellschaftstauglich sind. Allerdings kann ich das schlecht vermitteln, wenn in Büchern solche Sachen geschrieben werden wie" Nun seht einmal, wie schwarz sie sind, viel schwärzer als das Mohrenkind.". Klar könnte ich derlei Geschichten als Grundlage nutzen, die Diskussion politisch korrekt/rassistisch etc in Gang zu bringen. Aber bei uns ist Geschichte vorlesen hauptsächlich Spaß, und keine Lebenslektion. Da gehören solche Wörter einfach nicht rein.

Das ist aus dem Struwwelpeter, oder? Die bösen Buben, die zur Strafe in die Tinte getaucht werden, weil sie sich über das andere Kind wegen seiner Hautfarbe lustig gemacht haben?
Der Struwwelpeter gehört zu den Werken, die bewusst NICHT geändert werden laut unserer Tageszeitung, weil das nicht mehr unter Kinderbuch einsortiert wird, sondern für Erwachsene als Kulturgut aus einer anderen Zeit bewahrt werden soll. Neue Ausgaben werden allerdings mit einem Kommentar dazu versehen.

Das scheint nicht geändert zu sein bzw. zu werden.
Hab es unabhängig vorhin nachgeschaut, weil Mäuschen heute einen Zettel dabei hat, dass sie ins Struwwelpetermuseum fahren.
Und ich hab bewusst das Buch den Zugang zum Kinderzimmer "verweigert" (mit dem Erfolg, dass es bei Oma liegt und vorgelesen wurde bzw. jetzt in der Schule der "Fliegende Robert" in einer Neufassung aber teils auch das alte gelehrt wurde).  s-:)

Pippi hab ich auf einer Internetseite gelesen wurde auch "umgemünzt" in "König der Taka-Tuka-Insel" und "Taka-Tuka-Sprach". Finde ich eine gute Wahl.
Hab die Bücher auch als Kind gelesen (mehr natürlich die Filme gesehen) und ganz ehrlich, an die Passagen kann ich mich gar nicht mehr erinnern geschweige denn hätte ich damit als Kind irgendwelche rassistisches Gedankengut in Verbindung gebracht...

Btw: Wie ist das eigentlich im Film, wird das auch neu synchronisiert? Kommt doch im Film auch zur Sprache, oder??
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Das Leben wäre viel einfacher, wenn ich dich nicht getroffen hätte.
Es wäre nur nicht mein Leben.

redheart

Zitat von: Christiane am 15. Januar 2013, 17:04:40
Anstrengend - und in meinen Augen eine unnötige Diskussion!
Feingefühl in der heutigen Zeit, absolut in Ordnung. Klassiker, alte Schinken, Literatur der letzten Jahrhunderte deswegen zensieren: Schwachsinn!
Genau.

Brains are wonderful, I wish everyone had one.

Mondlaus

Echt, der wird nicht geändert? Interessant.. Frage mich, an welchen Kriterien das festgemacht wird
Kind 2011
Kind 2014
...

redheart

ZitatWenn Kinderbuchklassiker wie etwa "Die kleine Hexe" von Ottfried Preußler nach Wörtern wie "Negerlein" oder "Zigeuner" "durchforstet" werden sollen, weil man diese Bücher an den sprachlichen und politischen Wandel anpassen wolle, dann ist das nichts anderes als Säuberung und ein schlimmer Eingriff in die integrale Gestalt der Werke, die ja Kreationen ihrer Entstehungszeit sind und diese selbstverständlich in sich tragen und damit auch von ihr Mitteilung machen. Wieso kann der Vorlesende das nicht erläutern, wieso lassen sich nicht auch in Kinder- und Jugendbüchern solche vielleicht problematisch gewordenen, weil als diskriminierend empfundenen Wörter erklären?

Wer "Tausendundeine Nacht" nur in jugendfreien Ausgaben liest, kennt dieses Wunderwerk nicht, das auch vor sex and crime und Vorurteilen nur so strotzt, wüste Mordtaten, Vergewaltigungen und Entmannungen schonungslos schildert oder vergnügt Obszönitäten ausbreitet. Was tun mit den Sagen und Märchen aller Völker, die eben nicht stubenrein und politisch korrekt erzählt werden und worden sind, sondern immer auch böse, anzüglich, ressentimentgeladen sein können. Säuberern sei ins Stammbuch der Satz des großen Butts geschrieben: "Gah man hen, se sitt all weller in'n Pißputt."
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Sehr treffend.

Und das auch:

ZitatEin Buch, das man seinen Kindern nicht so vorlesen mag, wie es ist, kann man auch zur Seite legen. Es gibt genug andere. Wer aber einen Text umschreibt, um ihm das Anstößige zu nehmen, erreicht damit nur eins: dass über dieses Moment der Irritation nicht mehr gesprochen wird. Und damit über das, was ernsthafte Literatur ausmacht.
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Sweety

Zitat von: redheart am 15. Januar 2013, 17:17:30
ZitatWenn Kinderbuchklassiker wie etwa "Die kleine Hexe" von Ottfried Preußler nach Wörtern wie "Negerlein" oder "Zigeuner" "durchforstet" werden sollen, weil man diese Bücher an den sprachlichen und politischen Wandel anpassen wolle, dann ist das nichts anderes als Säuberung und ein schlimmer Eingriff in die integrale Gestalt der Werke, die ja Kreationen ihrer Entstehungszeit sind und diese selbstverständlich in sich tragen und damit auch von ihr Mitteilung machen. Wieso kann der Vorlesende das nicht erläutern, wieso lassen sich nicht auch in Kinder- und Jugendbüchern solche vielleicht problematisch gewordenen, weil als diskriminierend empfundenen Wörter erklären?

Wer "Tausendundeine Nacht" nur in jugendfreien Ausgaben liest, kennt dieses Wunderwerk nicht, das auch vor sex and crime und Vorurteilen nur so strotzt, wüste Mordtaten, Vergewaltigungen und Entmannungen schonungslos schildert oder vergnügt Obszönitäten ausbreitet. Was tun mit den Sagen und Märchen aller Völker, die eben nicht stubenrein und politisch korrekt erzählt werden und worden sind, sondern immer auch böse, anzüglich, ressentimentgeladen sein können. Säuberern sei ins Stammbuch der Satz des großen Butts geschrieben: "Gah man hen, se sitt all weller in'n Pißputt."
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Sehr treffend.

Und das auch:

ZitatEin Buch, das man seinen Kindern nicht so vorlesen mag, wie es ist, kann man auch zur Seite legen. Es gibt genug andere. Wer aber einen Text umschreibt, um ihm das Anstößige zu nehmen, erreicht damit nur eins: dass über dieses Moment der Irritation nicht mehr gesprochen wird. Und damit über das, was ernsthafte Literatur ausmacht.
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s-daumenhoch

Barbia+LuJo

Zitat von: Christiane am 15. Januar 2013, 17:04:40
Anstrengend - und in meinen Augen eine unnötige Diskussion!
Feingefühl in der heutigen Zeit, absolut in Ordnung. Klassiker, alte Schinken, Literatur der letzten Jahrhunderte deswegen zensieren: Schwachsinn!

dem schließ ich mich voll umfänglich an.

Conni Faire

Kinderbuchklassiker nachträglich zensieren finde ich total lachhaft.

Treffende Gründe wurden auch schon genug zitiert.

Um mal beim Thema Pippi zu bleiben:
Sie kann auch zehnmal am Tag Neger sagen und würde trotzdem niemals die Sklaverei in der Villa Kunterbunt einführen. Wer das nicht versteht, sollte vielleicht diverse Kinderbücher nochmals aufmerksam lesen.

Im übrigen bin ich eher dafür, einige Facebook-Einträge nachträglich zu zensieren, da der Schmerz beim Lesen selbiger manchmal fast übermächtig ist.

schwalbe

@ redheart  s-daumenhoch


ZitatIm übrigen bin ich eher dafür, einige Facebook-Einträge nachträglich zu zensieren, da der Schmerz beim Lesen selbiger manchmal fast übermächtig ist.
s-kringellach s-kringellach s-kringellach
zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen, Wurzeln und Flügel (Goethe)

scarlet_rose

Mit dem Argument "dann liest man eben nicht" kann man dann aber auch die FSK für unnötig erklären.
Dann müsste es keinerlei Alterseinschränkungen geben, denn diese sind ja gerade für die Menschen da, die nicht kritisch und mit Bedacht an Medien heran gehen.

Astrid Lindgren hat ja nicht Deutsch geschrieben, d.h. wir würden ja nicht einmal den Originaltext zensieren, sondern lediglich anders übersetzen. Und Übersetzungen sind ja nie 100% gleich wie der Originaltext, da spielt immer ein gewisser Ermessensspielraum mit.
Es würde also weniger zensiert, als mehr anders übersetzt in diesem Falle.

@kleines Gespenst:
Also das es da um Angst in der Dunkelheit geht, habe ich keinesfalls so verstanden. Es wird ja nie in die Richtung gedeutet. Dunkelheit spielt ja gar keine Rolle.
Ich frage mich eben, was unterbewusst beim Kind hängen bleibt....und da das Schwarzsein so schrecklich dargestellt wird, frage ich mich tatsächlich, ob das nicht dann auch hängen bleibt. Ob Kinder da denken "Schwarz für ein Gespenst=blöd" oder nicht, ob der vielfachen Wiederholung, wie schrecklich eine Schwarze Gestalt und ein schwarzes Gesicht auch für andere ist, nicht irgendwo hängen bleibt "schwarz=schlecht"....
Wie auch immer, das Buch bleibt erstmal draußen aus dem Kinderzimmer.
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deep_blue

Ich bin gegen diese Art von Zensur!