30 Jahre Mauerfall - sind eure Kinder interessiert?

Begonnen von sunny, 10. November 2019, 11:02:41

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sunny

Hallo

Frage steht ja schon oben...macht ihr was besonderes an diesem Wochenende? Ist das bei euch überhaupt ein Thema? Sind eure Kinder daran interessiert?
Wir wohnen ja in der Nähe von Berlin und es ist natürlich präsent hier...aber r ist jetzt auch nicht soooo interessiert, er nimmt es halt wahr und fragt auch mal das eine oder andere aber sonst...leider nehmen die das in der Schule auch nicht irgendwie durch - Geschichte sind sie immer noch bei den Entdeckern und ich frage mich echt, warum so ein Thema nicht mal wichtiger ist...

Wir sind ja nun auch noch eine halbe ossi-Familie... vielleicht kommt es auch darauf an, wie man selbst sozialisiert ist...

Wie ist es bei euch?

Gruß Sunny

chipgirl

Wir sind ja ne komplette Ossi Familie und hier hat Mausi jetzt immer mal gefragt wie das waretc, da ja doch einige Sendungen dazuim Fernsehen kam, oder wie das früher war mit Schule etc...aber ansonsten war es nicht weiter präsent

Honigbluete

Wir machen nix spezielles dazu. Ich war selbst erst 11 und hatte keinerlei Beziehung zur DDR, erst mit dem Mauerfall habe ich das überhaupt mitbekommen. Mit dem Großen haben wir schon darüber gesprochen,  dass Deutschland mal geteilt war etc., aber es ist nichts, was uns persönlich betrifft und daher auch wenig begreifbar ist.

Linchen81

Ich war damals 8 Jahre alt und wir wohnen ziemlich weit weg von der ehemaligen Grenze in Bayern.
Trotzdem ist mein 10järiger Sohn sehr interessiert, fragt nach.
Wir haben die lange Doku über verschiedene Flüchten auf vox
geschaut. Er wurde gern mehr darüber erfahren, in der Schule wird es aber nicht durchgenommen.
Unternehmen werden wir auch nichts-ich wüsste nicht was.

Ich habe in einer vierten Klasse vorgestern nen Film dazu geschaut. Die meisten waren sehr interessiert. Einige haben auch einiges erzählt und kommen aus einem "ost-west" Elternhaus.

peter

A ist 13 , weiss bescheid, kennt dokus, geschichten aus dem tv... wir leben in bw und haben keinen  wirklichen bezug dazu. Als wir in berlin waren sind wir die üblichen touri dinge abgegangen. Das wars

Solar. E

Aktuell machen wir nichts Großes dazu. In Berlin waren wir dafür in den letzten Jahren mehrfach an der Bernauer Straße und ziemlich lange dort. Sie haben dort ganz, ganz viele Fragen gestellt, auch der Kleine mit damals 8 Jahren beim ersten Besuch schon. Viele werden schon durch die Dokumentationen vor Ort beantwortet, dennoch ist es auch für uns Erwachsene manchmal unwirklich.

Ich selbst war 15 als die Mauer fiel, zwar im tiefsten Westen groß geworden, habe aber trotzdem alles mitbekommen was berichtet wurde. Und im Juni 1990 waren wir auf Klassenfahrt in Berlin und somit mittendrin.

~ Oma Netti ~

Für mich persönlich ist das schon ein besonderes Datum und dadurch bekommen auch die Kinder bisschen was mit. Aber ich erzähle halt auch so immer mal aus meiner Kindheit und daher hören sie so oder so öfter mal was von der DDR.
Aber was Besonderes machen wir nicht. Ich finde allerdings der 9.11. sollte eher Feiertag sein, als der 03.10.

Für mich ist es ein besonderes Datum, weil ich in der DDR als Kind staatsfeindlicher Eltern aufgewachsen bin. Und weil im Februar '85 mein erstes Leben so wie ich es kannte, als 14jährige, mit der Ausreise in den Westen endete. Wir ließen alles zurück. Hatten nur noch was wir an hatten und was wir tragen konnten. Keinen Pfennig Geld. Nix. Ich habe die Grenze erlebt. Nachts. Hell erleuchtet. Soldaten über Soldaten mit Maschinengewehren. Der ganze Zug wurde auseinander genommen, jede Schraube abgeschraubt. Und bis 1989 durften wir ja unsere Verwandten nie mehr sehen. Nur meine Uroma, die ja bereits Rentnerin war, dürfte in den Westen fahren uns besuchen.
Naja... war eine verrückte Zeit.

Als 1989 die Grenzen aufgingen, habe ich das als 19jährige erlebt und wahr genommen, aber ehrlich gesagt nicht wirklich glauben können. Wir sind an diesem Weihnachten '89 direkt in die alte Heimat gefahren um meine Großeltern zu besuchen und ich habe es nicht geglaubt bis ich bei meiner Oma wirklich an der Tür geklingelt habe. Den Reisepass mit dem DDR Einreisestempel habe ich noch. Das ist ein Zeitzeugen-Dokument.  ;D


~ Oma Netti ~

Ps: Wenn ich heute nach 30 Jahren Dokus über den 09.11.89 sehe, bekomme ich noch immer Gänsehaut.

Tini

#8
Zitat von: ~Netti~ am 10. November 2019, 15:46:07
Ps: Wenn ich heute nach 30 Jahren Dokus über den 09.11.89 sehe, bekomme ich noch immer Gänsehaut.

Das geht mir auch so, obwohl ich kaum Bezug zur DDR hatte. Ich war 1988 mit meinem Vater in West-Berlin, da mussten wir über die Transit-Autobahn fahren. Die Grenzkontrolle war gruselig, hat mir etwas Angst gemacht. Als die Mauer fiel, war ich 16, lebte in Hessen, weit weg von der Grenze. Aber die Bilder haben mich sehr berührt und tun es heute noch.

Meine Tochter kann mit der Thematik wenig anfangen, für sie ist normal, dass es nur ein Deutschland gibt. Die Geschichte interessiert sie nicht wirklich. Ein paar mal haben wir kurz drüber gesprochen, aber für sie ist das einfach so weit weg.

Wir waren im Juni 1990 auch auf Klassenfahrt in Berlin, das war eine sehr spannende Zeit und ich finde es toll, dass ich das miterleben durfte.
She *7/2006
He   *7/2014

Solar. E

Das mit der Gänsehaut geht mir auch so.
Aber für mich irgendwie noch beeindruckender war die Rede Genschers auf dem Balkon der Prager Botschaft und die Bilder der Montagsdemos.
Und ich erinnere mich noch genau an eine Randnotiz aus den Nachrichten aus dem Mai 1989 als da einer den Grenzzaun zwischen Ungarn und Österreich mit der Drahtschere aufschnitt. Da hatte ich schon so ein Gefühl ,,Da passiert gerade was".

Martina

Netti, das sieht F. anders. Sie liebt ihren freien Geburtstag.
Ohne

~ Oma Netti ~

Zitat von: Martina am 11. November 2019, 15:31:49
Netti, das sieht F. anders. Sie liebt ihren freien Geburtstag.

Ja das ist ja auch was anderes.  ;D

Honigbluete


Nachtvogel

Ich war ja in Belgien und somit ganz ganz weit weg.
4Jahre war ich alt als die Mauer fiel und ich habe da tatsächlich noch ne bruchstückhafte Erinnerung dran wie wir bzw meine Eltern am TV saßen und die Leute über die Mauer kletterten, das Chaos und der Jubel.
Ich erinnere mich dass meine Eltern es nicht fassen konnten.
Wenn ich das so noch weiß muss es ja schon ne besondere Stimmung gewesen sein da ich ja erst 4 war und keinerlei Beziehungen Richtung Ostdeutschland hatte.

Für meine Kinder ist das natürlich auch ganz weit weg. Die wissen das schon, also die beiden Großen haben definitiv schon davon gesprochen, beim Kleinen weiß ichs gar nicht
36+3 -> 2940g / 37+4 -> 3320g / 38+5 -> 3660g
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Fliegenpilz

Ich war 2,5 Jahre alt und habe demnach keinerlei Erinnerung und dazu auch keinen (familiären) Bezug zu Ostdeutschland bzw. der ehemaligen DDR.
(Wie sage ich es denn nun tatsächlich politisch korrekt?)

Unsere Kinder jedoch wissen einiges dazu, sind sehr gut informiert und schulisch unterricht obwohl sie eine belgische Schule besuchen und der Lehrauftrag da doch ein wenig anders bzw. abgewandelt ist im Gegensatz zum deutschen Lehrplan.
Sie fragen auch viel, haben Projektarbeiten gemacht, sind sehr interessiert.

Generell sehe ich aber gerade die Eltern - und mit Bezug zur DDR sogar noch mehr - dort im Auftrag für Aufklärung!

Honigbluete

Ich erinnere mich noch gut an den Abend. Ich habe bei einer Freundin übernachtet und die Eltern holten uns nochmal ins Wohnzimmer. Auch wenn ich nicht genau verstanden habe, was da passiert, ist es mir eindrücklich in Erinnerung geblieben und treibt mir immer noch Tränen in die Augen.

Eileen

Wir sind ja beide Ossis, mein Mann Berliner und ich aus Eisenhüttenstadt (ehemals Stalinstadt, sozialistischer gehts nicht ;D). Ich war 10 als die Wende war und weiß noch, als wir das erste mal rüber sind, war ich etwas enttäuscht. Ich dachte "es regnet da Blumen vom Himmel" und dann war es dort auch dreckig und es gab Obdachlose...aber ich habe mich riesig über meinen Walkman und meine Fritt Kaubonbons gefreut.  ;D

Mein Sohn (11) hat gerade das Thema Berliner Mauer in der Schule und da wir in Berlin wohnen ist das Ganze auch etwas präsenter. Er fragt allerdings eher nach der Beschaffenheit der Grenze, wie die bewacht wurde usw.

deep_blue

Extrem wichtiges Thema hier bei uns. Mama ist in Leipzig geboren und hat 1958 im Dezember ,,nübbergemacht", also vor dem Mauerbau. Ein Jahr später, die Hochzeit hier. War für meine Oma schon recht schwierig zu machen, Reise musste über Berlin gehen und war insgesamt recht beschwerlich zu meistern. Durfte schon nicht mehr gross drüber gesprochen werden.

Ich selbst bin in den Osterferien  immer mit dem Interzonenzug über Nacht nach Leipzig mit meiner Mama. Hatte viele Freunde dort. Ich bin aufgewachsen... die eine Hälfte meiner Familie in der Freiheit lebend wissend, die andere Hälfte im gar nicht so fernen Leipzig und doch nicht mal eben greifbar...
Ich war ja da schon Studentin. Hatte eine Freundin in Berlin, der ehemaligen Hauptstadt der DDR. Diese arbeitete bei Robotron nach ihrem Studium im Vogtland... alles vom Staat für sie vorgesehen und eingestilt. Ich habe sie desöfteren besucht. War schon sehr interessant auch all diese Unterschiede erfahren zu dürfen.

Meine Mutter ist damals zeitgleich mit der ersten Montagsdemo in Leipzig dort gewesen. Zufall, schöner Zufall und ja, klar sie ist mit meiner Tante dabei gewesen. Zeitzeugin. Krass.
Mir schubberts immer noch beim Gedanken daran. Es hätte auch anders ausgehen können... wusste man doch alles nicht.

Und ja, klar, grosses Thema bei meinen Kindern. Viele Fragen. Sie sind halt auch nah dran...

Meph

was mich dieses Jahr sehr nachdenklich gemacht hat: der 9. November steht ja nicht nur für den Mauerfall (ich kann mich sehr gut erinnern und da wir im "Zonenrandgebiet" leben und auch oft "im Osten" sind, die Große dort lebt ist es auch immer präsent) - aber ausser einem Statement des Zentralrates der Juden hab ich dieses Jahr NICHTS gesehen.
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Für Dezentralität und Eigenverantwortung! https://www.youtube.com/watch?v=8zeg_R-PMAw
1DfyhRV3c7nRGPQuF4PdMkhJYtqE3BmSzW

deep_blue

Korrekt, Meph, sehr untergegangen! Und dabei muss so dringend geredet und agiert werden... erschreckend.

sunny

Meph, da hast Du recht. Das ist mir auch aufgefallen... :-\

Ich habe jetzt erfahren, daß in der Schule wohl doch darüber geredet wurde - und jeder erzählt hat, in weit er Bezug zur DDR hat(te)...eine Mutter eines Mädchens ist 2 Jahre vor dem Mauerfall geflohen - DAS war natürlich das interessanteste Thema...

Zu Hause reden wir auch darüber, natürlich (Papa ist ja "Ossi)! R findet die Unterschiede schon auch spannend - kann sich aber das irgendwie glaube ich nicht richtig vorstellen...(wie auch...)
Dennoch hätte ich mir von einer Berliner Schule (!) ein bißchen mehr Input gewünscht...es gab hier viele Aktionen für Schulklassen, Kinofilme etc und die mauer war quasi "vor der Tür" - und es passierte wirklich kaum etwas... ???

~ Oma Netti ~

Richtig vorstellen wie ich aufgewachsen bin, können sich meine Kinder auch nicht. Wie auch? In Freiheit in einem Gesamtdeutschland geboren.  :)


Solar. E

Zitat von: Meph am 12. November 2019, 09:18:06
was mich dieses Jahr sehr nachdenklich gemacht hat: der 9. November steht ja nicht nur für den Mauerfall (ich kann mich sehr gut erinnern und da wir im "Zonenrandgebiet" leben und auch oft "im Osten" sind, die Große dort lebt ist es auch immer präsent) - aber ausser einem Statement des Zentralrates der Juden hab ich dieses Jahr NICHTS gesehen.

Dieses Thema war bei uns regional sehr präsent weil einer unserer Nachbarorte dies gerade als so richtig dunkles Kapitel der Ortsgeschichte aufarbeitet- dort wurden die letzten ansässigen Juden in dieser Nacht mit Gewalt vertrieben, also nicht ,,nur" Geschäfte zerstört oder ähnliches.  :-X
Bundesweit denke ich liegt es ganz profan daran dass die ,,runde" Jahreszahl eben letztes Jahr war (ja ist ganz einfach scheisse, man sollte das NIE in Vergessenheit geraten lassen!).
Und bei uns wurde nochwas vergessen: Ich war am Samstag im Stadion. Es war der zehnte Todestag von Robert Enke. Es wurde zwar ein Video gezeigt über die Stiftung seiner Frau und über das Thema Depressionen, welches gerade im Fußball immer noch ein Tabuthema ist. Die in diesem Film angekündigte Schweigeminute hat wohl in jedem Stadion stattgefunden, nur bei uns nicht.  :-(