Mathematische Hochbegabung erkennen

Begonnen von DesperateDad, 30. August 2012, 22:45:14

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DesperateDad

Mein Sohn (6) wird jetzt eingeschult und kann schon ganz gut rechnen.

Manchmal denke ich, dass ich seine mathematische Begabung testen lassen sollte. Wo kann man so etwas machen? Und wenn sich herausstellen sollte, dass er tatsächlich hochbegabt ist, was fange ich mit der Erkenntnis an? Hat jemand hier ein hochbegabtes Kind? Wenn ja, schickt ihr es auf spezielle Schulen, lasst ihr sie Klassen überspringen, nutzt ihr irgendwelche andere Förderungen?

M-e-l

Das ist die Frage, was fängst du mit diesem Ergebnis an und wozu brauchst du es?

Meine Tochter ist auch letzte Woche Donnerstag eingeschult worden (ebenfalls 6, im April erst geworden, also im Gegensatz zu manchen anderen die eingeschult wurden sogar noch eher jung) und geht jetzt seit Vorgestern in die 2. Klasse, einfach weil sie den Grundschulstoff aus Klasse 1 schon lange beherrscht, sowohl in Mathe, als auch in Deutsch. Hinzu kommt, dass sie vom gesamten Verhaltensbild doch eher viel weiter ist als Gleichaltrige.

Und nun?
Nein, wir haben und werden sie nicht testen lassen. Eben deshalb, wozu?
Ich weiß immer nicht, was Eltern sich für so ein Ergebnis kaufen wollen und ich habe auch bis heute nicht verstanden, was es einem bringt, denn ein Ergebnis, in welchem Ausmaß auch immer, sollte doch hoffentlich sowieso nichts daran ändern, wie man sich dem Kind gegenüber verhält, oder?
In meinen Augen herrscht grad ein riesiger "Mein-Kind-ist-ja-so-Hochbegabt"-Testungs-Boom, ich kann es ehrlich nicht nachvollziehen.

Guck, dass du deinen Sohn im Auge behältst, damit du merkst, wenn ihm Futter fehlt, da kann man dann nämlich durchaus mit Lehrern kommunizieren. Entweder es läuft wie bei uns, oder es ist ein Fach, was sehr stark ausgeprägt ist (ich kenne auch einen Jungen, der wurde letztes Jahr eingeschult und war in Mathe sehr, sehr, weit. Konnte allerdings nicht gut lesen und war auch noch recht schwach im Schreiben, deshalb ging ein Sprung nicht, weil er dort nicht mitgekommen wäre. Was hat die Lehrerin gemacht, die Eltern ein Mathe-Knobelheft fürs 3. Schuljahr besorgen lassen, dass hat er dann in der Zeit bearbeitet, wo die anderen 1+1 gerechnet haben). Ebenso gab es an unserer Schule wohl auch schonmal einen, ebenfalls Jungen, der irgendwann mit Mathe so durch war, dass er am Matheunterricht nicht mehr teilnahm, sondern Mathe-AG´s des örtlichen Internats besuchte. Da klappte die Kooperation der beiden Schulen allerdings. Wir haben eine sehr aufgeschlossene und engagierte Schulleiterin, ich denke das ist natürlich noch dazu enorm wichtig.
Ich denke wenn die Erwachsenen Menschen um das Kind rum in der Lage sind miteinander zu reden und das Kind im Auge zu halten, kann da so viel gar nicht schief gehen ;)

DesperateDad

Super, vielen Dank für die ausführliche Antwort.

Ich habe nur Sorgen, dass er sich in der ersten Klasse extrem langweilt. Er lacht immer, wenn wir ihm sagen, dass er in der ersten Klasse nur bis 20 rechnen wird. Auch habe ich gelesen, dass Lehrer es oft erst spät merken, wenn ein Kind schon viel weiter ist, weil sie nun mal keine Fragen stellen wie "was ist 784 + 348?". Beim Lesen fällt es wohl eher auf, wenn ein Schüler den anderen voraus ist. Wie haben die Lehrer es bei deiner Tochter gemerkt, oder habt ihr sie darauf hingewiesen?

Deine Tochter hat den Klassensprung ja sehr früh gemacht, also nicht mitten im Halbjahr. Wie ist das jetzt für sie, so jung in der zweiten Klasse? Findet sie gut Anschluss? Sind andere Kinder ihr gegenüber komisch/neidisch, weil sie ein Jahr überspringen durfte?

Ich weiß, Standup-Comedians machen sich schon darüber lustig, wie alle Eltern ihre Kinder für besonders intelligent halten. Hätte nicht gedacht, dass ich mal so werde  ???  :-\

Cosima

Wie alt ist er denn? Was genau kann er denn rechnen? In welchen Zahlenräumen kann er sich sicher orientieren?

Meine Tochter ist nun 6 Jahre und 3 Monate alt und wird morgen eingeschult. Sie kann einfache Texte schon recht gut lesen, schreibt viele Wörter nach Gehör (rechtschreiblich fast immer richtig)... Für Hochbegabt halte ich sie deshalb nicht. Sie ist im Feld "Schrift und Sprache" eben weiter als Gleichaltrige, mehr nicht. Das holen andere auch schnell wieder auf.

LG Cosima 

PS: Ich tät da nix testen lassen bei Deinem Sohn...

DesperateDad

Zitat von: Cosima am 31. August 2012, 11:22:48
Wie alt ist er denn? Was genau kann er denn rechnen? In welchen Zahlenräumen kann er sich sicher orientieren?
Er ist 6 und rechnet und ziemlich sicher im Hunderttausenderbereich. Besonders beim Verdoppeln von Zahlen, da er sich da nur eine Zahl zu merken braucht. Also beispielsweise 248326+248326. Die Zahl sieht er auf Papier, die Rechnung macht er im Kopf. Oder neulich sah er die Zahl 1645 und sagte einfach so "Wenn man 1555 dazurechnet hat man 3200". Beim Kniffeln addiert er auch alle seine Zahlen im Kopf, also z.B. 3+6+6+16+15+18. Es dauert ein bisschen und dann sagt er 64. Manchmal macht er natürlich auch Fehler, aber meistens liegt er richtig und mich beeindruckt das schon sehr. Zumal wir ihn nie dahin getrieben haben, er hat sich das alles selbst beigebracht, indem er immer viel gefragt und gezählt hat.

zuz

Es kann schon etwas bringen, ihn testen zu lassen.
Lehrer erkennen nämlich HB meist NICHT, und oft sind HB-Kinder auffällig in der Schule, weil sie unterfordert sind und dann a) nicht aufpassen und den Unterricht stören und b) abschalten, dann aber Lernsachen, die auch ein HB-Kind eben nicht weiß, nicht mehr mitbekommen. Daher schreiben sie oft sogar schlechte Noten. Das sollte man wissen.

Ein Test bringt Dir halt selbst Sicherheit, ob er "nur" begabt ist oder eben HB, was auch eine andere Denkstruktur beinhaltet. Das ermöglicht Dir ein anderes Auftreten z.B. gegenüber Lehrern. Allerdings sollte man dennoch vorsichtig sein, viele reagieren da leider immer noch allergisch, zweifeln das Ergebnis an usw.
Überspringen von Klassen hilft nicht unbedingt, weil die meisten Kinder die emotionale/psychische Reife dafür nicht haben. Z.B. interessieren sich ältere Kinder für ganz andere Dinge, da kann er dann nicht mithalten. Außerdem sind die zwar älter und wissen mehr, denken aber ja trotzdem wie "normale" Kinder, nicht so wie er. Die Schere kann also sogar noch weiter aufgehen.

Was sinnvoll ist, ist auf jeden Fall, auf seine Interessen einzugehen und sie "einfach" einzubauen, ohne sie besonders hervorzuheben (so wie Ihr das beim Kniffel z.B. macht). Es sollte auch klar sein, dass neben mathematischer Intelligenz, wo er sicher anderen voraus ist, auch Dinge wichtig sind wie Sportlichkeit, Musikalität, Sprache, soziale Intelligenz, Koordination und und und. Einfach damit auch ihm klar ist, dass er nicht besser ist, oder eben nur in einem Bereich besser als andere, in anderen aber ganz "normal". Das halte ich für wichtig, damit er sich nicht selbst absondert mit der Zeit.

Was auch sinnvoll ist, sind Dinge, die ihn fordern ohne ihn zu überfordern und ohne ihn abzugrenzen. Evtl. mag er nebenher programmieren lernen oder sowas. (Da gibt es z.B. von Lego tolle, jedoch teure programmierbare Roboter z.B.).

Es gibt spezielle Seiten für Hochbegabte, frag mal Meph. Die kann Dir auch sagen, wo man testen lassen kann.

Cosima

s-pfeifen

Das ist allerhand. Aber nicht ganz unwichtig ist eben auch, wie weit er in anderen Bereichen so ist...

DesperateDad

Ansonsten ist er recht normal, würde ich sagen. Lesen kann er auch schon, aber er liest noch nicht komplette Bücher (wir haben so ein Kind in der Schule meiner Tochter, das schon mit 4 lesen konnte und mit 6 ganze Bücher gelesen hat - er hat dann eine Klasse übersprungen). Mein Sohn liest die Wörter in den Büchern "Leute" und "Jahreszeiten" von Blexbolex. Ganz tolle Bücher zum Lesenlernen übrigens, die machen den Kindern Spaß.

Insgesamt wirkt er recht helle und wissbegierig aber unauffällig, er spielt gerne Fußball wie die meisten Jungs in seinem Alter, manchmal übt er ein wenig am Klavier (nicht viel - ich habe ihm das bisschen gezeigt, das ich von den Klavierstunden meiner Tochter mitbekommen habe).

DesperateDad

@ zuz: Danke für den Beitrag.

Ich hoffe, dass es nicht dazu kommen wird, dass ich den Lehrerinnen erklären muss, warum mein Sohn verhaltensauffällig ist.

BiDi

Um 248326+248326 blitzschnell auszurechnen, braucht es nicht unbedingt eine mathematische Hochbegabung, sondern ein prima Zahlengedächtnis und das scheint Dein Sohn zu haben.

In der ersten Klasse geht es aber nicht nur um die Grundrechenarten, sondern auch um Mengenverständnis, Geometrie, etc. Ich würde einfach mal entspannt abwarten. In den Klassen meiner Söhne gab es z.B. immer Kinder, die zur Einschulung den anderen haushoch überlegen waren. In den allermeisten Fällen hat sich das in den ersten zwei Jahren egalisiert. Die Lesekönner müssen auch irgendwann mit der Grammatik kämpfen und die Rechenkünstler mit Symmetrien.

Grüsse
BiDi

Mattis: * 3.2004
Moritz: * 4.2005