Verfolgt jemand den Trayvon Martin Fall in den USA?

Begonnen von Jules, 31. März 2012, 18:23:24

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Schnukki

Demnach dürfte man in manchen Bundesländern nicht mehr abends alleine mit der Bahn fahren .. gab leider schon genug traurig Fälle. Und die Mörder - mutwillige Mörder - bekommen dann Bewährung weil sie eine schlimme Kindheit hatten.

Und ein jemand der im Netz illegal Filmchen sieht bekommt mehr Jahre im Gefängnis, als jemand der sich an einem Kind vergeht.

Ich denke in den Augen von Anderen ist Deutschland auch recht *crazy*!

zwillingstierchen

#51
Möglich, dass Deutschland auch recht "crazy" ist aber ich habe das Gefühl, dass hier zumindest versucht wird, Menschen mit Gesetzen zu schützen. Wie die Strafen tatsächlich dann hier ausfallen steht eigentlich auf einem ganz anderen Blatt.

So etwas wie "Stand Your Ground" wäre glaube ich in Deutschland nicht denkbar? Korrigier mich, wenn ich falsch liege? Und das deutsche Waffenrecht, was um LÄNGEN schärfer ist als das Waffenrecht in allen amerikanischen Staaten, wird hierzulande immer noch kritisiert und es wird darüber diskutiert, ob es ausreicht. Hierzulande kommen die Menschen, die mit einer Waffe "aus Versehen" jemand erschießen würden, nicht ganz so leicht zum Zug wie in Amerika.

Eine Gesetzgebung, die so etwas zulässt und hinterher auch noch sagt " Tja, Shit happens!", provoziert es geradezu, dass so etwas passiert. Das alles unter dem Deckmantel der persönlichen Freiheit? Ich denke, Amerika hätte mehr davon gehabt, wenn Trayvon Martin das Recht gehabt hätte, sich etwas zu Trinken und ein paar Süßigkeiten zu kaufen ohne erschossen zu werden. Passiert ist passiert, klar aber ES KANN NICHT SEIN, dass ein Mensch einen anderen ohne stichhaltige Beweislage auf offener Straße mal eben so in Selbstjustiz erschießen darf ohne das deutlich Zeichen gesetzt werden, dass das nicht richtig ist.
Erziehung ist im wesentlichen das Mittel, die Ausnahme zu ruinieren zugunsten der Regel.

Conni Faire

Man kann jetzt darüber philosophieren wie man will - es gibt zwei Fakten: Trayvon Martin ist tot und Zimmerman wurde freigesprochen.  Das ist fix.

Ob man das in Europa zum Brechen findet, wird die Amerikaner kaum tangieren.

Waffen gehören einfach nie in Privathaushalte, in welchem "Crazy"-Staat auch immer.
Es gibt die Exekutiv-Organe, und nur denen sollte es vorbehalten sein, Waffen zu tragen.



Once

..ich glaube schon dass es "crazy" Einfluss übt, wenn sich die Welt über ein groteskes Rechtssystem echauffiert. Insbesondere bei jenen innerhalb die USA, die sich eh schon daran stören.

ps: ich wollte das Wort "crazy" jetzt auch mal unbedingt einbauen. Scheint hier ja ein nahezu inflationärer Trend zu sein  ;D

Zum Fall selbst will ich eigentlich schon gar nichts mehr sagen. Ich bin einfach nur entsetzt und sauer.

kruemel35

Was wäre gewesen, wenn in der Jury auch dunkelhäutige gesessen hätten und nicht nur weiße?

scarlet_rose

In der Jury saß doch auch eine dunkelhäutige,wenn ich es recht im Kopf habe.
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kruemel35

Ich meine, dass in der Zeitung gestanden hat, es wären nur "weiße" gewesen.

Pünktchen

Ich muss gestehen, dass ich die Rassendiskussion in diesem Fall nicht ganz verstehe. Zimmermann gehört nicht der "verteufelten" weißen Oberschicht an. Er ist ein "heller" Hispano und die gehören laut Statistik zur unbeliebtesten Bevölkerungsgruppen in Amerika. Das Gesetz ist das Problem. Freispruch war in diesem Falle, da keine Zeugen vorhanden, im Zweifel für den Angeklagten rein rechtlich richtig. Die Wut sollte sich gegen das Gesetz richten und nicht auf die Rassen fixieren.

Dieses Gesetz erlaubt es einen unschuldigen zu legal zu töten, von dem ich mich, meine Familie oder mein Heim bedroht fühle. Da der grad der Bedrohung so gering liegt hab ich in vielen Regionen Amerikas einen Freibrief zum Mord.

Katie

Zitat von: kruemel35 am 17. Juli 2013, 11:52:08
Ich meine, dass in der Zeitung gestanden hat, es wären nur "weiße" gewesen.

Es waren 6 Frauen, 5 davon weiss, die 6te war eine woman of color. Also eine Jury die fast nur aus weissen bestand.

Zitat von: Pünktchen am 17. Juli 2013, 13:27:43
Ich muss gestehen, dass ich die Rassendiskussion in diesem Fall nicht ganz verstehe. Zimmermann gehört nicht der "verteufelten" weißen Oberschicht an. Er ist ein "heller" Hispano und die gehören laut Statistik zur unbeliebtesten Bevölkerungsgruppen in Amerika.

Es geht bei Rassismus nicht unbedingt immer um die Herkunft des Taeters, sondern darum dass dieser sich ganz klar Schwarze Maenner als Ziel ausgesucht hat. Er hat vornehmlich Schwarze bei der Polizei gemeldet und hat wortwoertlich von "these people" gesprochen.
Und zudem gibt es auch unter Latinos Rassismus. Gerade gegen Schwarze, ich kenne das leider aus der eigenen Familie.

Pünktchen

@Katie- gut, deinen Stand verstehe ich. Er war rassistisch. Aber ich meinte die Diskussion Rassismus als Grund für den Freispruch und das erschließt sich mir nicht.

deep_blue

Zitat von: Katie am 17. Juli 2013, 13:34:40
Hispano und die gehören laut Statistik zur unbeliebtesten Bevölkerungsgruppen in Amerika.

Und zudem gibt es auch unter Latinos Rassismus. Gerade gegen Schwarze, ich kenne das leider aus der eigenen Familie.
[/quote]

Und es gibt auch den Rassismus in die umgekehrte Richtung. Den haben wir in der Metropolitan Area sehr häufig mitbekommen. Es gibt dort u.a. auch sehr viele (illegale) Lateinamerikaner, die komplett den (inoffiziellen) low income Bereich abdecken. Viele Afroamerikaner oder People of colour, die dort leben äussern sich zum Teil sehr radikal über die "neuen" Ausländer, da diese ihnen die Jobs streitig machen. Nun ist die Metropolitan Area wohlgemerkt eine politisch gesehen sehr gemässigte ruhige Region.

Katie

Puenktchen: Ich sehe es so, dass beides gleichzeitig moeglich ist. Wir koennen wuetend auf das Gesetz sein (und wie ein solches durch Organisationen wie ALEC zustande kommt, ganz schoen scary), aber koennen auch den Rassismus kritisieren. Das eine schliesst das andere ja nicht aus.
Bei so einer Geschichte spielen immer mehrere Faktoren eine Rolle.

Petsi

Ich muss sagen, dass ich die pauschale Verurteilung der Jury, sie sei rassistisch, nur weil sie weiss sind, genauso rassistisch finde.
Die Jury kennt - im Gegensatz zu den meisten anderen Menschen - wesentlich mehr Hintergründe und hat sicherlich Einblick in mehr Polizeiakten als andere. Sie mussten aufgrund der Rechtslage entscheiden. Ich glaube nicht, dass die sich die Entscheidung so einfach gemacht haben.


Pünktchen

Das meinte ich. Ich denke nicht, dass Zimmermann aufgrund von rassistischen Motiven freigesprochen wurde sondern wegen der Gesetzgebung.

Ich will nicht bestreiten, dass Rassismus und Fremdenfeindlichkeit noch immer ein großes und wichtiges Thema sind. Aber mich nervt es, dass jede Straftat die nicht innerhalb einer Bevölkerungsgruppe stattfindet immer gleich mit Rassismusvorwürfen belastet wird. Oder hier in Deutschland mit dem Nationalsozialismus.

Um mal ein harmloses Beispiel zu nennen. Hier darf man (außerhalb der WM oder EM) keine Deutschlandflagge aufhängen, ohne gleich als Nazi zu gelten.

Versteht ihr was ich meine?

Petsi

Ich kann das nachvollziehen. Rassismus ist ein real existierendes Problem, aber halt in beide Richtungen. Eine Gruppe, die aufgrund ihrer wie auch immer gearteten "Andersartigkeit" von wenigen Individuen schief angeblickt wird, oder vielleicht in der Vergangenheit real benachteiligt wurde, tendiert eben dazu, jede wie auch immer geartete negative Reaktion auf einen ihrer Angehörigen mit Rassismus zu belegen.
Das ist verständlich, aber eben nicht immer richtig.
Im Fall T.M. scheint es ja so zu sein, dass der Angeklagte Verletzungen am Hinterkopf aufwies, den Rücken voller Gras und Blätter hatte, als ob er umgefallen ist, und die Jury nach Anhörung eines Polizeimitschnitts der Meinung war, dass die dort gehörten Hilferufe vom Angeklagten stammen. Insofern haben sie wohl die Notwehr anerkannt und musten ihn nach gültiger Rechtsprechung freisprechen. Und das obwohl 3 der Jurymitglieder am Anfang des Prozesses für eine Verurteilung waren. Inwiefern der Angeklagte die Situation selbst verschuldet hatte, war ja nicht Teil der Anklage, und konnte insofern nach amerikanischer Rechtsprechung nicht als Kriterium hinzugezogen werden.
Man kann also nur hoffen, dass die Gestze jetzt mal kritisch hinterfragt und entsprechend geändert werden. Es kann ja nicht angehen, dass in einem Bundesstaat ein Hausbesitzer verrurteilt wird, weil sich ein Einbrecher dummerweise bei einem Einbruch in  sein Haus verletzt und tagelang ohne Essen in der Garage auskommen muste (?), und in einem anderen Bundesland jemand einen Jugendlichen ungestraft so lange verfolgen darf, bis der sich dann verständlicherweise bedroht fühlt und sich dadurch eine für ihn tödliche Situation ergibt.

Katie

#65
@Petsi: Niemand sagt die Jury sei von Rassisten besetzt. Aber es ist Fakt, dass eine rein Weisse Jury die Situation nun mal nur von ihrer Sicht aus beurteilen kann und denen einfach die Erfahrungen und Erlebnisse zum Thema Rassismus fehlen. Die haben doch gar keinen Bezug zum Alltag vieler Schwarzer in USA. Daher ist eine gewisse Diversity schon sinnvoll.

Zitat von: Petsi am 17. Juli 2013, 20:28:13
Ich kann das nachvollziehen. Rassismus ist ein real existierendes Problem, aber halt in beide Richtungen. Eine Gruppe, die aufgrund ihrer wie auch immer gearteten "Andersartigkeit" von wenigen Individuen schief angeblickt wird, oder vielleicht in der Vergangenheit real benachteiligt wurde, tendiert eben dazu, jede wie auch immer geartete negative Reaktion auf einen ihrer Angehörigen mit Rassismus zu belegen.
Das ist verständlich, aber eben nicht immer richtig.

Nein, Rassismus gegen Weisse gibt es nunmal nicht in diesem Ausmass. Das eine, "schief angeguckt werden", kann klar jeden treffen, aber das ist individuelles Verhalten. Wir reden hier von institutionellem Rassismus. Das ist ein riesen Problem, dass man hier nicht ignorieren darf.

@Puenktchen: Das geht doch aber voellig am Thema vorbei, wer wo welche Faehnchen hinhaengen darf. In diesem Fall sind die Rassismusvorwuerfe ja durchaus berechtigt. Wozu es also aussen vor lassen? Es ist in diesem Fall ein wichtiger Aspekt. Warum soll man nicht darueber reden koennen?
Und wenn wir's mal etwas ausweiten, das gesamte Rechtssystem in USA ist von institutionellem Rassismus durchzogen. Dazu gibt's zahllose Beispiele: Schwarze machen einen unverhaeltnismaessig grossen Teil der Gefangenen aus. Oder racial profiling und stop and frisk, wo vornehmlich Schwarze durchsucht werden, von denen wiederum 90% komplett unschuldig sind. Dann der Drogenkrieg, der sich am schlimmsten auf schwarze Communities auswirkt. Unter anderem dass es fuer ein und diesselbe Droge in verschiedener Form unterschiedliche Strafen gibt. Crack cocaine wird haerter bestraft als der besitz von cocaine. Ist das gleiche Zeug, nur das eine schnupfen Wallstreet Banker, das andere stammt aus aermeren Stadtteilen in Grossstaedten.

Uebrigens wurde zur gleichen Zeit in Florida eine Schwarze Frau zu 20 Jahren Haft verurteilt. Sie hatte Warnschuesse in die Zimmerdecke(!) gefeuert, weil sie sich von ihrem Mann, der sie regelmaessig verpruegelte bedroht fuehlte. Da gilt dann "Stand your Ground" ploetzlich nicht mehr. Aha aha.

Dieser Artikel bringt es auf den Punkt:
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~ Oma Netti ~

und wegen was hat man die frau verurteilt?  ??? wenn sie doch in die zimmerdecke geschossen hat?  :o

Conni Faire

Bestimmt wegen Sachbeschädigung, es war garantiert sein Haus.  :-X

Pünktchen

@Katie - da bin ich schon ganz bei dir. Ich denke auch, dass die Handlung des Täters aufgrund der Rassismusproblematik entstanden ist. Der Freispruch, so mein Empfinden, kommt aber durch die 1000 Schlupflöcher, die dieses Gesetz Mördern bietet. Gab ja vor kurzen einen ähnlichen Fall von Freispruch. Ein Mann erschoss den Liebhaber seiner Frau und berief sich auf das gleiche Gesetz. Er meinte, er ging davon aus, dass seine Frau vergewaltigt werden würde.

Petsi

@Katie: Du spricht Dir doch offensichtlich eine genaue Durchsicht der Verhältnisse zu, auch wenn Du in den USA lebst.
Warum traust du dir zu, das alles korrekt durchschauen zu können, aber die Jurymitglieder können dies per se enfach nicht, weil sie "Weisse" sind. ? Bist du besser informiert, weil es "People of colour"  in Deinem Bekanntenkreis gibt ? 
Die Jury ist nicht rein-weiss. Der Verurteilte lebte in einem Viertel, was als gesellschaftlich sehr gemischt dagestellt wurde. Ich denke, jemand der extrem rassistisch eingestellt ist, würde sich in einem solchem Viertel gar nicht erst niederlassen.
Erlebnisse zum Thema Rassismus kann ich als "rein-weisse" nach deiner Defintion auch nachweisen.
Ich lebe nicht in Amerika, aber ich bin ehrlich: Mach mal die Augen auf, was Rassismus betrifft; der trifft uns Weiße (und Deutsche) ganz offensichtlich auch, und auch von deiner Seite aus, genauso, wie die Schwarzen in Amerika.
Rassismus ist kacke, egal von welcher Seite aus !!

Schnukki

Ich kenne sehr viele Vorurteile gegenüber den Deutschen - leider.

Und ich finde es irgendwo auch nicht gerade vorurteilsfrei, wenn man einer *weissen* Jury - wovon ja eine Dame nicht weiß war - vorwirft nicht objektiv zu sein.

Katie

#71
@Petsi: Rassismus ist nicht immer das typisch, plumpe "ich mag keine Schwarzen". Rassismus ist oft unterschwellig und findet in gewissen Handlungen im Alltag statt. Zimmerman hatte eindeutig schwarze Maenner auf dem Radar.
Dass es in gemischten Vierteln keine Rassisten gibt stimmt so rein gar nicht. Siehe Suedstaaten USA, oder sprich mal mit Menschen aus Innenstadtvierteln in Grossstaedten. Mein Vater hat selbst viele Vorurteile gegenueber Schwarzen, und viele rassistische Sprueche drauf. Lebt aber in einem REIN Schwarzen Viertel. Solche Leute nehmen sich naemlich gar nicht als Rassisten wahr, weil Rassismus eben so viele Gesichter hat.

Und so ist das auch mit Rassismus gegenueber Weissen. Wir haben evtl. hier und da mal jemanden der Weisse, warum auch immer, nicht mag. Das nennt sich individueller Rassismus. Aber bei Schwarzen kommt nun noch auf einer tief verwurzelten strukturellen Ebene institutioneller Rassismus hinzu. Das ist ein Unterschied. Auf so einem Level gibt es das gegen Weisse nun mal nicht. Das ist Fakt.

Zitat von: Schnukki+Amy am 17. Juli 2013, 22:18:10
Ich kenne sehr viele Vorurteile gegenüber den Deutschen - leider.
s-:)

Uebrigens ist die zu 90% weisse Jury gar nicht der grosse Hauptpunkt. Aber es ist es wert mal eben darueber nachzudenken, dass das ganze in diesem grossen Kontext stattfindet. Wir koennen den Fall nunmal nicht vom Kontext trennen, dass Schwarze vom Justizsystem eine Ungleichbehandlung erfahren. Und da wir nunmal nicht in der post-rassistischen Traumwelt leben, ist Diversity noch sehr wichtig. Denn Menschen anderer Herkunft, Hautfarbe, oder Kultur haben nunmal andere Erfahrungen. 100% Objektiv ist niemand, das ist ein Maerchen. Unser Gehirn laesst automatisch in alle unsere Entscheidungen vergangene Erfahrungen mit einfliessen. Das kann man gar nicht verhindern.

Hier noch ein Beispiel zu institutionellem Rassismus:
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Mutti74

Ich habe hier und heute das erste Mal von dem Fall gelesen und finde das wirklich heftig.  Unglaublich, dass dies möglich ist. Hoffe, dass man ihm dann auf der Straße das Leben schwer macht.